Fliegende Fische müssen ins Meer

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Detlef P.
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Fliegende Fische müssen ins Meer

Beitrag von Detlef P. »

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CH/D, 2011
Regie: Güzin Kar
Darsteller: Meret Becker, Elisa Schlott, Barnaby Metschurat, Hanspeter Müller, Mona Petri, Andreas Matti

"Die knapp 16-jährige Nana lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter und ihren beiden Halbgeschwistern in einem kleinen Dorf nahe der deutsch-schweizerischen Grenze. Ihre Familie ist alles andere als perfekt: Nana muss sich ganz alleine um sich selbst, ihre Geschwister Tatjana und Toto, und zwangsläufig auch um ihre Mutter Roberta kümmern, die als Hostesse auf einem Ausflugsdampfer arbeitet. Roberta, die ihre drei Kinder von drei Männern hat, stürzt sich kopflos immer wieder in neue Liebesabenteuer. Nana dagegen sorgt sich um ihre Geschwister und arbeitet täglich als Schleusenwärterin beim Wasserkraftwerk.

Eines Tages meldet sich das Jugendamt und droht damit, die Kinder in ein Heim zu stecken. Endlich gibt sich Roberta einen Ruck und schwört, sich zu bessern, einen geregelten Job zu suchen und den Männern fern zu bleiben. Aber bevor sie den nächsten Idioten anschleppt, wollen Nana und ihre Schwestern sich selbst nach dem richtigen Mann für Roberta und einen geeigneten Ersatzvater umsehen.

Unter den wenigen Männern im Dorf fällt die Wahl auf den neu zugezogenen Arzt Eduardo, einen engagierten und humorvollen Mann. Als der junge Arzt Nana Mut macht, an ihre eigene Zukunft zu denken, beginnt sich Nana, ohne es zunächst zu bemerken, in Eduardo zu verlieben." (http://www.arte.tv)

Wow!
Ich freue mich immer wieder, wenn deutsche, bzw. deutschsprachige Filme mal keine schweren, pseudointellektuellen Dramen oder miese Knallkoppkomödien sind, sondern durch Innovation, Witz und Tiefgang bestechen.
So gesehen bei "Fliegende Fische müssen ins Meer", der so viele verrückte Ideen offenbart, dass ich mich tatsächlich teilweise an die abgefahrenen Sachen eines Bora Dagtekin erinnert fühlte.
Dieser Film wird fast genau mit dem gleichen Witz und Verve erzählt, auch wenn das Tempo hier ein wenig ruhiger ist (was jedoch nicht heißt, dass es irgendwo schleppend voran ginge).
Das Ganze ist eine sehr schräge Mischung aus Coming-of-Age, Mutter-Tochter-Drama, skurriler Komödie und ländlichem Panoptikum.
Ich habe mich unheimlich gefreut nach so langer Zeit die gute Meret Becker endlich mal wieder in einer Rolle erleben zu dürfen, die ihr auch würdig ist. Und man merkt, das ihr das Spielen der abgedrehten Mutter Roberta mindestens genauso viel Spaß gemacht hat, wie uns das Zusehen.
Auch einen Barnaby Metschurat nach so extrem langer Zeit mal wieder zu sehen, ließ mich wirklich freudestrahlend zurück.
Aber(!!!) alle werden von einer Person überstrahlt: Von der damals gerade mal 17-jährigen Elisa Schlott!
Verflucht, wer zur Hölle ist das? Und warum ist sie nicht bekannter?
Sie spielt hier völlig auf einem Niveau mit der großartigen Meret Becker und übertrifft diese auch noch teilweise als verantwortungsbewusste und teilweise etwas altkluge Tochter Nana, die man aber einfach gern haben muss.
Sie ist es, der wir durch den Film folgen und an deren Lippen wir hängen, wenn sie aus dem Off wieder eine subversiv-ironische Bemerkung über die Dorfbevölkerung, ihre Mutter oder ihr Leben fallen lässt. Und das tut sie mit so erhabener Selbstsicherheit, dass man nicht eine Sekunde daran zweifelt, dass es keine perfektere Besetzung für diese Rolle gibt.
Dabei hat sie allerdings auch viel zu tun, denn das Drehbuch quillt beinahe über vor frischen Dialogen, ungewöhnlichen Ideen und wirklich schönen Charaktermomenten.
Das Ganze wird dann auch noch von einer sehr leichten, aber durchaus innovativen Inszenierung untermalt, in der man unter anderem Tagträume und Stop-Motion-Sequenzen finden kann und die einfach sehr gut und stimmig gelungen ist.
Ein Hoch auf die Autorin/Regisseurin Güzin Kar und den absolut großartigen Cast.
Schade, dass solche Filme immer in den deutschen Kinos untergehen. "Warum?", frage ich mich da.


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Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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