JUG, 1995
Regie: Emir Kusturica
Darsteller: Predrag Manojlovic, Lazar Ristovski, Mirjana Jokovic, Slavko Stimac, Ernst Stötzner, Srdjan Todorovic, Mirjana Karanovic, Milena Pavlovic
"Es war einmal ein Land, und seine Hauptstadt hieß Belgrad. Der unaufhaltsame Aufstieg des "Genossen" Marko beginnt im April 1941, als die ersten deutschen Bomben auf Belgrad fallen. Die allgemeine Auflösung nutzend, verleitet Marko seinen naiven, heißblütigen Freund Blacky zu Abenteuern, die eines Robin Hood würdig wären: Waffendiebstahl, Schwarzhandel mit Gold und Schmuck, Guerillaüberfälle auf Nazikonvois und andere krumme Dinge. Die beiden Freunde landen einen Coup nach dem anderen und betreiben zwei Jahre lang - im Namen der kommunistischen Partei und zum größten Nutzen ihres gedemütigten Vaterlandes - ihre lukrativen und gefährlichen Geschäfte. Dann finden die Partisanen in einem Keller Unterschlupf. Doch dort erfahren sie nichts vom Ende des Krieges...
Mit eindrucksvollen Bildern bietet Kusturica ein Werk über Gewalt, Heiterkeit und Skurrilität. Der ungewöhnliche Film ist hier zwar nicht in seiner langen, fünfstündigen Fassung zu sehen. Doch schon bei bei der Uraufführung der 3'10 Stunden-Version in Cannes und der 2'50 Stunden-Kinofassung schieden sich die Geister bei diesem bildgewaltigen, phantasiestrotzenden Filmgedicht, in das der ganze Irrsinn von 50 Jahren Geschichte Jugoslawiens und des Bosnienkrieges eingegangen ist. Dafür hat Kusturica nicht nur seine zweite Goldene Palme erhalten, sondern auch viel ungerechtfertigte Prügel wegen vermeintlich proserbischer Haltung einstecken müssen." (http://www.prisma.de)
Voland hat geschrieben: Underground
"Die Zeit der Zigeuner" wird weitergeführt. Diesmal aber auf andere Art und Weise. Es ist ähnlich wie bei der Amerika-Trilogie von Leone. Aber halt, der Film heißt ja in einem Alternativtitel sogar passend zu dieser Trilogie.
Das wohl bedeutendste Werk von Kusturica - und auch sein Mammutwerk. Der Film dauert in der langen Fassung 5 Stunden. So viele Fassungen geistern herum, aber zwei wichtige gibt es. Eine auf DVD und eine kam mal als Zweiteiler auf Arte. Beide sind zu empfehlen. Bald ist es wieder so weit, die kurze Version läuft im TV!
Detlef P. hat geschrieben:Ich habe schon von einigen seiner Filme gehört, der Typ selbst ist mir jedoch gänzlich unbekannt.
Wenn ich Zeit habe, werde ich mir demnächst "Underground" eventuell ansehen.
Diese Konversation zwischen mir und dem guten Voland ist heute tatsächlich auf den Tag genau(!) 9 Jahre her.Voland hat geschrieben:Eventuell???? Ich würde ihn an Deiner Stelle auf jeden Fall gucken. Und wehe Du findest ihn langweilig - dann schick ich Dich mal zum Psychologen
Wahnsinn, wie die Zeit vergangen ist.
Ich war eigentlich der festen Überzeugung, dass es zu diesem Film bereits einen Thread gäbe.
Aber dieses Gespräch ist aus dem Kusturica-Thread entsprungen.
Deshalb hier endlich der offizielle Thread.
Denn wenn ein Film in der Underground Film Community nicht fehlen darf, dann ist es wohl "Underground"
Nachdem ich den Film gestern endlich gesehen habe (übrigens mein erster Kusturica und - soweit ich mich erinnere - auch mein erster jugoslawischer Film), muss ich sagen, dass ich den Film ziemlich bedrückend und traurig fand.
So oft habe ich davon gelesen, dass der Film eine großartige Satire und skurrilen Witz in sich tragen würde.
Das stimmt auch, und ich fand einige Szenen auch wirklich unglaublich komisch.
Allerdings muss ich sagen, dass ich den Film am Ende unglaublich traurig, fast schon deprimierend fand.
Eigentlich passiert mir das nicht so schnell. Ich kann mir ja sogar die Filme Lars von Triers angucken und habe absolut keine Probleme damit und empfinde sogar Freude und eine gewisse Art von Spaß dabei.
Hier nicht! Gerade der dritte und letzte Teil des Films war so unglaublich bedrückend und deprimierend, wie ich es selten bei einem Film empfunden habe.
Und obwohl der Film am Ende sogar halbwegs auf einer positiven Note endet, ist es doch der letzte Satz "Diese Geschichte hat kein Ende", der einen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Kusturica baut mehrere starke Stilbrüche in dieses wuchtige Werk ein, sodass man durch die ungewöhnliche Inszenierung an manchen Stellen fast überfordert wird.
Meine Stimmung während des Films schwankte mehrfach zwischen "Wow, wie genial!" und "Was ist denn das für ein Schrott?!" hin und her.
Im Rückblick kann ich sagen, dass ich "Underground" in seiner Gesamtheit durchaus positiv bewerte.
Einige Stellen hätten zwar kürzer gekonnt und die Musik ging mir oft schrecklich auf die Nerven.
Trotzdem handelt es sich hier definitiv um einen Film, der nicht einfach so verblasst, nachdem man ihn gesehen hat, sondern der einen darüber hinaus immer weiter beschäftigt und über den man immer wieder nachdenkt.
Nicht zuletzt durch die sehr ungewohnte Inszenierung und die höchst skurrilen Momente, die in ihrer Vertracktheit aber immer Parabel auf die politische und historische Entwicklung des Landes sind.
Also, mein lieber Voland, für den Fall, dass Du das hier irgendwann mal lesen wirst: Langweilig fand ich ihn auf keinen Fall.