Die unvergessliche Nacht

Remember the Night

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Detlef P.
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Die unvergessliche Nacht

Beitrag von Detlef P. »

Bild

USA, 1940
Regie: Mitchell Leisen
Darsteller: Barbara Stanwyck, Fred MacMurray, Beulah Bondi, Elizabeth Patterson, Willard Robertson, Sterling Holloway

"Kurz vor Weihnachten wird Lee Leander beim Stehlen erwischt. Es ist ihre dritte Straftat, weswegen John Sargent sie vor Gericht bringen will. Doch die Verhandlung wird verschoben, da es schwer ist, während der Weihnachtszeit eine Verurteilung zu erwirken. Sargent entwickelt Mitleid für Lee und sorgt dafür, dass sie auf Kaution freikommt. Er nimmt sie mit zu seiner Mutter, um dort Weihnachten zu feiern. Umgeben von einer liebevollen Familie, die im starken Kontrast zu Lees eigener familiärer Geschichte steht, sprühen zwischen Lee und John die Funken. Sie verlieben sich, doch noch gibt es ein Problem: Was wird aus dem kommenden Prozess?" (Quelle: moviepilot.de)

So, bevor ich hier überhaupt irgendetwas zu dem Film schreibe, möchte ich anmerken, dass dies nicht nur meine erste Filmvorstellung in knapp sieben Jahren ist, sondern gleichzeitig auch noch mein insgesamt 5000ster Beitrag zu unserer wunderschönen Community :uuuuaaaa: :popcorn: :beer:

Das musste daher wirklich ein besonderer Film sein, den ich hier vorstelle. Und mir war relativ schnell klar, welcher es werden würde.
Bei dem Film, der im Original "Remember the Night" heißt und in Deutschland auch als "Die unvergessliche Weihnachtsnacht" bekannt ist, handelt es sich um eine Tragikomödie aus dem Jahr 1940.
Dies war, wie vermutlich bekannt ist, die absolute Blütezeit für die sogenannten Screwball-Comedies in Hollywood. Filme, in denen durch schnelle, witzig-schnippische Wortgefechte zwei potentielle, zukünftige Partner erst ihr Revier abstecken mussten, bevor sie am Ende des Films natürlich doch zusammen kommen.
Die Nebencharaktere sind oft noch schräger, als die Hauptcharaktere und alle geraten ständig in haarsträubende Situationen.

Ich weiß nicht, ob man diesen Film auch 100%ig dazu zählen kann. Er trägt definitiv Elemente in sich. Kein Wunder, wurde er doch vom großen Preston Sturges geschrieben, der auf das Screwball-Comedy Genre mit Filmen wie "Die Falschspielerin", "Atemlos nach Florida - Die Palm Beach Story" oder "Sensation in Morgan's Creek" großen Einfluss hatte.
Drehbücher schrieb Sturges unter anderem auch noch zu der Hollywood-Satire "Sullivans Reisen" oder dem Gruselklassiker "Der Unsichtbare" mit Claude Rains.
Die meisten der aufgeführten Filme habe ich bereits gesehen, den Rest habe ich noch auf meiner langen Liste stehen.

Sturges ist ein wirklich guter Autor, auch wenn ich sagen muss, dass seine Sachen für mich nicht immer voll ins Schwarze treffen.
Wo er dies aber unzweifelhaft geschafft hat, ist bei "Die unvergessliche Nacht".

Es handelt sich, wie man der Beschreibung entnehmen kann, um einen Weihnachtsfilm, den ich mir vor vier Jahren das erste Mal ansah, als ich mich entschloss, zu Weihnachten auch mal andere Sachen auszuprobieren, als immer nur dieselben Filme, die man traditionell jedes Jahr guckt.
Und ich fand den Film absolut großartig!
Es war ganz deutlich der beste Film von allen Weihnachtsfilmen, die ich in den letzten Jahren neu ausprobierte.
Nicht nur das, es war tatsächlich einer der besten Filme überhaupt, die ich in den letzten paar Jahren gesehen habe.

Und ich habe den Film tatsächlich im letzten Jahr, nach drei Jahren Pause noch einmal gesehen und - Ihr ahnt es vermutlich schon - in diesem Jahr am gestrigen Tag noch einmal.
Ich weiß nicht genau, wie es jetzt damit weitergeht, aber es könnte gut sein, dass sich hier tatsächlich ein neuer, traditioneller Weihnachtsfilm bei mir eingeschlichen hat.
Ob es wirklich so sein wird, werden wir in den nächsten Jahren sehen. Aber möglich ist es, denn der Film ist einfach wunderbar :love:

Eine, aus heutiger Sicht, total altmodische und völlig abgenudelte Handlung mit so viel Witz, Esprit und denkwürdigen Situationen erzählen zu können, wäre wahrlich nicht jedem vergönnt.
Sturges schafft dies, dank der kompetenten Inszenierung und besonders dank seiner beiden Darsteller Barbara Stanwyck und Fred MacMurray (die später übrigens gemeinsam noch mehrere Filme - unter anderem "Frau ohne Gewissen" von Billy Wilder - drehen würden) aber ganz hervorragend.
Dabei ist der Film, wie ich bereits zu Beginn schrieb, aber tatsächlich eine Tragikomödie, die - zu meiner wirklich großen Überraschung - den Namen zu Recht trägt und tatsächlich nicht in einem kitschigen Happy End mündet, wie es im Hollywood zu der Zeit bereits der Fall war, sondern auf einer zutiefst bittersüß-tragischen Note, aber trotzdem voller Hoffnung, endet.

Sturges schrieb hier, in meinen Augen, ein echtes Meisterstück, welches später noch als Blaupause für dutzende Nachahmer fungieren sollte.
Und dass er es wirklich schafft, die Balance zwischen wunderbarer Komik und herzzerreißender Tragik zu finden, die Nebencharaktere zwar verschroben, aber trotzdem herzlich und einladend und die ganze Geschichte, ungeachtet aller Klischees, aber trotzdem so verdammt originell zu gestalten, dass man den Film immer wieder gucken möchte, weil man so begeistert von der Warmherzigkeit ist, die die Geschichte in jedem Moment ausstrahlt, ist wirklich etwas, was man nicht jeden Tag erlebt.

Ich ertappte mich tatsächlich gestern dabei, wie ich, als Lee und Jack endlich bei Jacks Familie ankommen, selbst so ein wohliges Gefühl hatte, als würde man endlich nach Hause zu der zwar verschrobenen, aber trotzdem herzlichen und liebevollen Verwandtschaft heimkehren, die im Film ebenfalls absolut genau getroffen und wunderbar dargestellt werden.
Mehr kann man von einem Film wahrlich nicht verlangen.
Für mich ein echtes Meisterwerk und für manch andere hoffentlich ein noch zu entdeckender Geheimtipp :daumen:


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"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
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Re: Die unvergessliche Nacht

Beitrag von Murillo »

Herzlichen Glückwunsch zum 5000. Beitrag lieber Detti! :daumen:
Zu diesem Film kann ich leider nichts beitragen. Aber vielleicht merke ich mir den für nächstes Weihnachten mal vor. Die Handlung klingt auf jeden Fall schon mal ziemlich lustig. :coffee:


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Detlef P.
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Re: Die unvergessliche Nacht

Beitrag von Detlef P. »

Vielen Dank! :beer:
Ja, mach das mal wirklich.
Der Film ist echt ganz große Klasse.
Trotz der eigentlich eher klischeehaften Handlung.
Aber hier geht es wirklich um das Drumherum.


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