Gummo

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Detlef P.
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Gummo

Beitrag von Detlef P. »

Bild

USA, 1997
Regie: Harmony Korine
Darsteller: Jacob Sewell, Nick Sutton, Lara Tosh, Jacob Reynolds, Darby Dougherty, Chloe Sevigny

"Der Film spielt in Xenia, einer kleinen Stadt in Ohio. Die Bewohner dieses Ortes scheinen durchweg etwas seltsam zu sein, so verdienen sich zum Beispiel zwei der Hauptfiguren ihr Taschengeld, indem sie auf ihren Fahrrädern Jagd auf Katzen machen, und die so eingenommenen Dollar in Leim – als Schnüffeldroge – investieren. Ein anderer Junge, dessen Name nicht bekannt ist, läuft nur mit einem Hasenkostümm bekleidet durch die Straßen der Stadt." (www.moviepilot.de)

Tja, nachdem wir letztens bereits kurz im Jahresrückblick 2019 über diesen Film geredet haben, dachte ich mir, dass man den hier auch mal richtig vorstellen könnte. Der ist nämlich ebenfalls voll underground und wir sind hier in der Underground Film Community. Passt irgendwie! :mrgreen:

Auch wenn mich der Film nicht komplett vom Hocker gerissen hat, enthielt der doch ein paar lustig-kranke Ideen, wie die Kinder, die streunende Katzen jagen und sich von der Kohle, die sie dafür einnehmen, dann Klebstoff zum Schnüffeln kaufen :lach:
Oder so geile Zitate wie: "Ich kannte mal einen, der war Legastheniker. Aber er hat auch geschielt, also war am Ende alles richtig".
Muhahahahahahahahahahahahahahaha

Highlight dürfte aber wohl die berühmte Szene mit dem Jungen im dreckigen Badezimmer sein, der in irgendeinem Brackwasser badet und dort auch noch lecker Spaghetti isst:

Bild

Wenn man die Szene dann ansieht, ist sie noch viel geiler, als man vermuten könnte, wenn man nur das Foto kennt.
Sie ist auf eine sehr bizarre Art und Weise urkomisch und wird eigentlich immer geiler und abgefahrener, je länger sie läuft.
Und kein geringerer als Werner Herzog war von dem Film - und ganz speziell von dieser Szene im Bad - auch vollkommen begeistert.
Für die New York Times hingegen war "Gummo" der schlechteste Film des Jahres 1997.
Muhahahahahahahahahahahahahahahaha

Und wenn das nicht nach underground klingt, dann weiß ich auch nicht :lach:


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

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"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
die graue Eminenz
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Re: Gummo

Beitrag von Murillo »

Klingt irgendwie bekannt, ich weiß aber leider nicht woher.
Vielleicht war mir früher auch nur die DVD-Hülle ins Auge gestochen...
Und dann auch noch Harmony Korine... irgendwas klingelt da. Jaaaa, der hat doch auch das Drehbuch für "Kids" geschrieben.

Die Bilder sehen auf jeden Fall sehr lustig aus und auch die Handlung klingt interessant.
Muss ich mir mal vormerken. :coffee:


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Johnny-le-Fou
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Re: Gummo

Beitrag von Johnny-le-Fou »

Wie schon im dem Jahresrückblick 2019-Thread geschrieben, einer meiner absoluten Lieblingsfilme!

Als ich den Film mit ungefähr 18 das erste Mal sah, dachte ich "genau das ist der Film, den ich gerne machen würde/gemacht hätte". Sowohl der amateurhaft-wirkende/punkige Stil, als auch die sprunghafte Stream-of-Consciousness-artige Erzählweise sind absolut einzigartig. Aber was den Film wirklich so besonders macht ist seine Gegenüberstellung von Gegensätzen. Verspielter, humorvoller Surrealismus existiert neben brutalem Realismus, moralisch Fragwürdiges und beißender Sarkasmus neben menschlicher emotionaler Wärme, so viel Schönheit im Hässlichen. Harmony Korine hat erkannt, dass Hässlichkeit/Leid und Schönheit/Glück immer koexistieren, einander bedingen, voneinander untrennbar sind. Da ist er ziemlich bei Nietzsche. Nicht umsonst wird Tummler von seinen Freunden als "beyond good and evil" beschrieben. Hinzu kommen so viele absolut ikonische Szenen und endlos zitierbare Dialoge und Monologe, die sich ins Gedächtnis einbrennen wie Fragmente aus nur den besten, besondersten Träumen. Zum Beispiel natürlich die bereits von Detlef genannte Szene in der Badewanne oder das schon grandiose Intro des Films, was schon die oben genannte Gegenüberstellung von realer Tragödie und surrealem Humor veranschaulicht: "A lot of people's fathers died, and were killed by the great tornado. I saw a girl fly through the sky, and I looked up her skirt. Her skull was smashed."


Johnny-le-Fou
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Re: Gummo

Beitrag von Johnny-le-Fou »

Ach so, ich lese tatsächlich sehr gerne die NYTimes. Habe ich sogar aboniert und ist die Zeitung/Nachrichteninformationsquelle, die ich am häufigsten lese, trotzdem haben sie sich da wohl gewaltig geirrt. Da bin ich definitiv deutlich eher bei Herzog, der eh auch einer meiner absoluten Lieblingsregisseure ist. :smile: Ich liebe auch Korines Folgefilm "Julien Donkey-Boy", in dem Herzog ja auch eine der Hauptrollen spielt.


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Detlef P.
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Re: Gummo

Beitrag von Detlef P. »

Das stimmt tatsächlich!
Surrealismus und Realismus stehen sich hier wirklich deutlich gegenüber.
Und Schönheit, bzw. Ästhetik wird hier wirklich im Hässlichen gefunden.
Irgendwie würde ich auch die Badewannen-Szene dazuzählen.
Bei der konnte ich mich wirklich irgendwann nicht mehr halten, je länger sie lief.
Aber je länger sie lief, desto absurder und irgendwie auch surrealer wurde sie.
Und zugleich lag eine unglaubliche Ästhetik, aber eine Ästhetik des Hässlichen, auf ihr.
Eigentlich wollte man es nicht sehen und zugleich konnte man sich nicht satt sehen an dem Gezeigten.
Das war wirklich grandios!

Und ja stimmt, bei "Julien-Donkey-Boy" spielt Herzog sogar selbst mit.
Hatte gerade gar nicht auf dem Schirm, dass der auch von Korine ist.
Ist das nicht sogar ein Film, der im Dogma95-Stil gedreht wurde?
Den habe ich tatsächlich noch auf meiner super langen Liste mit über 1500 Filmen stehen, die ich noch sehen will.


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