Pfahl in meinem Fleisch

Bara no sôretsu

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Moderatoren: Damien3, Detlef P., Murillo

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Murillo
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Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Murillo »

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Pfahl in meinem Fleisch (Bara no sôretsu)

Japan 1969
Regie: Toshio Matsumoto
Darsteller: Pîtâ, Osamu Ogasawara, Yoshimi Jô, Yoshio Tsuchiya

Handlung: Der Nachtclubbesitzer und Drogendealer Gonda (Yoshio Tsuchiya) unterhält eine Beziehung mit zwei Transvestiten, Eddie (Pîtâ) und Leda (Osamu Ogasawara), die im selben Nachtclub arbeiten. Leda ist wesentlich älter und als stilvolle Gesellschaftsdame im Geschäft etabliert, während Eddie relativ neu im Geschäft und bei der Kundschaft sehr beliebt ist. Sowohl Eddie, als auch Leda buhlen um die Liebe und Bevorzugung von Gonda, der letztendlich vor die schweren Entscheidung gestellt wird, welche der beiden er weiter beschäftigen soll. In der Zwischenzeit wird Eddie von ihrer Vergangenheit eingeholt...


Ich muss gleich zu Beginn einräumen, dass ich "Funeral Parade of Roses" in erster Line sehen wollte, weil ich wusste, dass dieser Film weite Teile von "Uhrwerk Orange" beeinflusst hat.
Das merkt man in den entsprechenden Szenen auch eindeutig, aber dieser Film ist so viel mehr als nur eine Blaupause für Kubricks Meisterwerk und das hat mich doch sehr überrascht und beeindruckt.

Er ist ein Film, der auf verschiedenen Ebenen progressiv ist und gesellschaftliche Konventionen ebenso wie filmische Gewohnheiten durchbricht. Dabei ist er jedoch an keiner Stelle bloß als Provokation zu verstehen, auch wenn der Film sowohl in Japan, als auch in weiten Teilen der westlichen Welt damals überwiegend als solche verstanden worden war. Gerade die Schnitte und Kameraeinstellungen sind teilweise wirklich atemberaubend schön und unkonventionell, aber dennoch sehr stilvoll eingesetzt worden.

Fazit: in poetisch schönen Bildern werden gesellschaftlich kontroverse Themen und Tabubrüche behandelt. Wer sich für das japanische New Wave Kino der 60er Jahre interessiert, sollte diesen Film daher unbedingt gesehen haben. Allerdings ist er womöglich nicht für jede Person gleichermaßen gut geeignet. Ich jedenfalls habe mich ziemlich gut amüsiert.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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Detlef P.
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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Detlef P. »

Dann hast Du es doch vor mir geschafft, den Film zu sehen.
Auch ich wollte ihn seit damals gucken, seitdem Du mich auf diesen aufmerksam gemacht hast.
Demnächst wird es aber soweit sein. Lange wird es nicht mehr dauern.
Bin schon sehr gespannt...


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

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Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Murillo »

Yeah, mach das. Ich glaube der könnte Dir sogar sehr gefallen.
Ich kenne andere Leute hier aus dem Forum, denen ich diesen Film hingegen eher nicht empfehlen würde... :lol:


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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Detlef P. »

Kann ich mir gar nicht vorstellen... :lol:


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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Johnny-le-Fou »

Einer meiner Lieblingsfilme. Wer hätte das gedacht? :mrgreen: Schön ihn hier im Forum zu finden und Murillos Gedanken zu dem Film zu lesen. Für mich neben den frühen Filmen von Shuji Terayama (Throw Away Your Books and Rally in the Streets, Pastoral: To Die in the Country) das absolute Meisterwerk der Japanischen New Wave (wobei die frühen Filme von Nagisa Oshima und Yoshishige Yoshida sicherlich auch Meisterwerke sind)! Ein Film der sowohl visuell als auch thematisch seiner Zeit um viele Jahre voraus scheint.


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Detlef P.
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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Detlef P. »

So, ich habe den Film nun sehen können und ich bin etwas zwiegespalten.
Der Film ist auf jeden Fall wirklich gut gemacht und hat einige wirklich großartige inszenatorische Besonderheiten (von denen sich Kubrick ganz klar hat inspirieren lassen).
Allerdings ist der "Handlung" teilweise schwer zu folgen, manches wirkt ein bisschen langgezogen und bei einigen Szenen habe ich mich gefragt, was das soll.
Dafür waren andere Szenen absolut genial und wirklich herausragend für die damalige Zeit (und selbst heute noch!).
Passend, dass der Film der japanischen New Wave zugeordnet wird. Manchmal fühlte ich mich nämlich auch an einen Godard erinnert.

Ein Fazit ist hier für mich wirklich schwer zu ziehen. Allerdings kann ich mit Sicherheit sagen, dass der Film besser, unterhaltsamer und deutlich interessanter ist, als die meisten der durchschnittlichen Produktionen, die in den letzten Jahren erschienen sind.


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Murillo
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Re: Pfahl in meinem Fleisch

Beitrag von Murillo »

Ich glaube, das kann ich fast alles so nachvollziehen und größtenteils unterschreiben. Auch wenn ich den Film insgesamt wohl etwas besser fand.


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