Angst essen Seele auf

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Fabian
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Angst essen Seele auf

Beitrag von Fabian »

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(BRD 1974)
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Darsteller: Brigitte Mira, El Hedi Ben Salem, Barbara Valentin, Irm Hermann, Marquard Bohm

Die 60 jährige deutsche Putzfrau Emmi (Brigitte Mira) lernt den 29 Jahre jüngeren marokkanischen Gastarbeiter Salem (El Hedi ben Salem) in einem Lokal kennen. Die Einsamkeit beider führt sie zusammen; Emmi lebt das vereinsamte Leben einer in die Jahre gekommenen Witwe, Salem leidet unter der Isolation der Ausländer. Gegen die Widerstände ihrer Umwelt beschließen beide zu heiraten, doch der soziale Druck wird immer größer: Emmi wird von Nachbarn geschnitten, von den Kolleginnen als Hure beschimpft, von ihrer Familie verstossen, erhält vom Kolonialwarenhändler Ladenverbot. Und auch Salem erntet Unverständnis für die Heirat mit einer älteren Frau.

Beide beschließen in den Urlaub zu fahren. Als sie wiederkommen, scheint sich die Umwelt mit den Beiden arrangiert zu haben: die Nachbarn sind froh über einen „starken Mann im Haus“, die Kolleginnen der Putzkolonne nehmen Emmi wieder in ihren Kreis auf, und auch Emmis Sohn entschuldigt sich...

( http://www.filmzentrale.com/rezis/angst ... eleauf.htm )

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Da ich mich derzeit ein wenig mit Fassbinder auseinandersetze, dachte ich, es könnte ja nicht schaden hier mal mit "Angst essen Seele auf" einen seiner bekanntesten Filme reinzustellen. Ich kenne von ihm bisher noch nicht sehr viel, aber dieser Film hat mich wirklich schwer beeindruckt. "Angst essen Seele auf" zeigt, dass auch nach dem Krieg Fremdenfeindlichkeit und ein schleichender Rassismus in Deutschland an der Tagesordnung sind und welche Auswirkungen dies auf die Liebe zweier Menschen hat. Ich kenne wirklich nur wenige Filme, die so sehr auf die Tränendrüse drücken...einfach ein wunderbarer Film, der auch ein paar heitere Momente hat.


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Voland
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Beitrag von Voland »

Den Film habe ich schon seit Jahren aufgenommen - aber ich kam nie dazu ihn anzusehen. Fassbinder ist mir meist etwas zu schwierig nach einem arbeitsreichen Tag. Aber ich sollte es endlich nachholen.

Hast Du eigentlich "Faustrecht der Freiheit" gesehen? Das war ja sozusagen sein erster. Noch sehr roh - ähnlich wie seine Kurzfilme davor. Da ist noch der pure Fassbinder drin. Kaum Geschichte, kammerspielartig, sehr heftig, erdrückend - einfach zum Schreien, weil man sich vollkommen vernichtet fühlt danach. :wink:


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Von denen, die ich kenne Fassbinders bester!


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FrankBooth
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Beitrag von FrankBooth »

Bin selbsernannter Fassbinder-Skeptiker. Kann mit seinen Filmen oft nichts anfangen (obgleich ich noch nicht sehr bewandert bin, wenn man über die Fülle seiner Filmographie informiert ist). Am schlimmsten erging es mir mit "Händler der vier Jahreszeiten".

Aber "Angst essen Seele auf" bildete trotz schwieriger Thematik eine wohltuende Ausnahme. Woran es lag, kann ich nicht genau ergründen. Ist wohl unter all den schmalzigen Anti-Rassismus-Plädoyer´s ein Außenseiter, kein Kitsch, keine Sentimentalität. Gefiel mir. Dennoch sehr berührend. Und nicht ganz so steif wie einige andere Fassbinder-Werke.


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen." Ingmar Bergman

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Murillo
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Re: Angst essen Seele auf

Beitrag von Murillo »

Ziemlich cooler Film!
Anfang der 70er Jahre galt Rassismus in der Bundesrepublik noch als ziemliches Tabuthema. In dieser Zeit so einen Film zu bringen, hatte dann schon etwas Besonderes.
Geil finde ich auch, dass Fassbinder selbst den dauerbesoffenen Oberrassisten gemimt hat und das auch noch ziemlich gut und glaubwürdig. :lol:

Und her noch ein kleiner Spoiler:
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"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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