Detlef liebt den Geruch von "Das Parfum"

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Moderator: Damien3

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Detlef P.
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Detlef liebt den Geruch von "Das Parfum"

Beitrag von Detlef P. »

Es ist unglaublich! Einfach unglaublich...!

Ich habe ihn gesehen, endlich habe ich ihn gesehen...und er war genauso perfekt wie ich es mir immer ausgemalt hatte...
Aber nochmal ganz von vorne:

Vor ungefähr zwei Jahren bekomme ich mit, dass der Welt-Bestseller "Das Parfum" von Patrick Süskind, meinem Lieblingsschreiberling (o.k., ich habe nie viel gelesen, aber trotzdem darf man doch einen Lieblingsschriftsteller haben) verfilmt werden soll.
Mein erster Gedanke war: "Sind die bescheuert?! Das klappt doch nie im Leben!"
Als ich dann auch noch hörte, dass Ridley Scott wahrscheinlich die Regie übernehmen und Orlando Bloom(!!!) allem Anschein nach die Hauptrolle des Jean-Baptiste Grenouille spielen würde war für mich der Kuchen gegessen.
Aus einem genialen literarischen Meisterwerk würde eine der größten Trashnulpen aller Zeiten entstehen.
Dann endlich wurde die entgültige Entscheidung getroffen. Tom Tykwer, für mich einer der größten deutschen Filmemacher aller Zeiten sollte bei diesem wohl teuersten und vielleicht opulentesten deutschen Filmspektakel Regie führen. In mir keimte ein wenig Hoffnung.
Dann wurde der wunderbare Ben Whishaw für die Hauptrolle auserwählt.
Ich benutze hier bewusst das Wort auserwählt, denn dieser junge britische Theaterdarsteller ist wahrlich der Auserwählte für diese Rolle. Nicht auszudenken hätte irgendein anderer Schnösel diesen Part an sich reißen können. Es wäre verherend geworden.
Ich wusste das er es war und nur er es sein konnte als ich ihn das erste Mal sah. In diesem Moment wusste ich, dass dieser Film etwas großes und ganz besonderes und dem Roman in jedem Fall gerecht werden würde.

Bereits vor über einem Jahr begannen die Dreharbeiten zu diesem Mammutwerk und ich habe (fast) jeden Tag begangt und gehofft, dass ich mit meiner Vermutung nicht falsch liegen und dieser Film genau so perfekt werden würde wie ich es mir immer ersehnt hatte.
Ihr wisst vielleicht noch, dass ich damals daran glaubte dieser Film würde definitiv in meine Top 50 einsteigen und dass es der am heißesten erwartete Film meines Lebens wäre. Das heißt dass der Film bei mir bereits im Vorfeld einen so hohen Status einnahm, dass ich statistisch gesehen eigentlich nur enttäuscht hätte werden können. Man darf gespannt sein...

Gestern war es also endlich soweit. Es wirkte anfangs alles so unwirklich auf dem Weg zum Kino. Ich fühlte mich fast wie in einem Traum. Ich hatte über ein Jahr(!) auf diesem Film gewartet und gefleht dass ich ihn endlich würde sehen dürfen und jetzt war der Tag tatsächlich da, die Stunde Null, in der sich alles entscheiden würde.
Bereits knapp einen Monat vor der Preview die ich mir gestern abend mit meinem Freund und Arbeitskollegen Murillo genehmigen durfte besorgten wir uns im Vorverkauf die Karten für dieses Event des Jahres. Dadurch, dass wir uns die Karten so früh holten bekamen wir so ziemlich die geilsten Plätze im ganzen Kino. Ganz oben und in der Mitte. Es würde ein Gedicht werden.
In den folgenden Tagen träumte ich desöfteren von "Das Parfum". So sehr hatte mich bisher noch kein Film verfolgt. An einen Traum kann ich mich besonders gut erinnern, da er so absolut durchgeknallt und krank war. Ich träumte, dass Robert Zemeckis Regie geführt und Spongebob Schwammkopf(!!!) die Hauptrolle des Grenouille gespielt hätte (kein Scherz!). Keine Ahnung wie dieser Traum und auch all die anderen an die ich mich nicht mehr genau erinnern kann zu deuten sind. Aber ich denke, dass man aus der Häufigkeit dieser Träume schließen kann, dass ich fast schon eine gewisse Obsession nach diesem Film hatte. Am Ende zählte ich die Tage. Noch acht Tage, noch sieben Tage, noch sechs, noch fünf, vier, drei, zwei, nur noch ein Tag...und gestern: HEUTE ABEND!!! Endlich ist der Tag gekommen. Das jüngste Gericht, die Stunde Null, der alles entscheidene Kampf zwischen Gut und Böse...oder so!

Im Kino angekommen war ich nervös wie vor dem ersten Date. In gewisser Weise war es auch ein erstes Date. Ein erstes Date mit einer Geliebten, die ich seit einigen Jahren nicht mehr gesehen hatte und die sich in der Zwischenzeit sehr verändert hatte (vom Buch zum Film). Die Frage die sich mir an dieser Stelle stellte war, ob ich sie immer noch genauso würde lieben können wie ich es früher getan hatte, trotz ihrer Veränderung.
Ich gehe nervös in der Eingangshalle des Cinestars auf und ab und warte auf Murillo. Ich sehe auf die Uhr. Viertel vor acht! Naja, in ein paar Minuten müsste er da sein. Ich gehe weiter auf und ab. Nach ein paar Minuten sehe ich wieder auf die Uhr. Zehn vor acht! Verdammt, wo bleibt er nur. Er ist doch sonst immer so überpünktlich. Auf einmal öffnet sich am anderen Ende der Halle eine Glastür und eine Gestalt die aussieht wie Murillo kommt herein. Das kann er nicht sein, denke ich bei mir, er müsste doch eigentlich durch den Hintereingang kommen. Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu und...er ist es! Die Party kann also endlich losgehen.
Die Karten hatten wir bei uns (ich habe meine in der ganzen Zeit immer in meiner Jackentasche behalten, damit mir das wertvolle Schätzchen auch ja nicht verloren geht) und konnten deshalb gleich nach oben gehen während die Schlangen an der Kasse immer länger und länger wurden.
Oben gab es dann erstmal einen Sektempfang, da der Film unter der Kategorie "Cinelady" gezeigt wurde (zum Glück war Männern der Zutritt zum Kino nicht untersagt, sonst wäre ich Amok gelaufen). Da wir nicht wussten ob wir als Männer uns überhaupt ein Sektglas nehmen durften und da wir sowieso keinen Bock auf Sekt hatten gingen wir sofort in den Kinosaal indem sich mein Leben für immer verändern sollte.
Erstmal kommt Werbung! Viele grottenschlechte Trailer zu Kinderfilmen(!) werden gezeigt, einer schlechter als der andere (vor allem diese 3D-Tieranimationsfilme, alles was nicht von Pixar stammt ist nur noch Mist).
Dann kommt Eiswerbung! Direkt danach geht das Licht an. Jetzt sollte eigentlich die Eispause kommen. Stattdessen kommt aber so ein Kinohansel der irgendeine Scheiße (Haarfestiger, Frühstück für zwei und natürlich Parfum) verlost, weil doch heute abend Cinelady ist. Juhu, ich freu mich! Ein Typ aus dem Publikum, der sich verbotenerweise eine Cola mit reingeschmuggelt hat wird auserkoren die Preise zu überbringen. Der Kinotyp quatscht noch ein Bisschen und verschwindet dann. Der Saal wird dunkel und... noch mehr Trailer! Arrrgh, langsam werde ich ungeduldig!
Nach einigen weiteren Trailern ist es ENDLICH soweit und der Film beginnt TATSÄCHLICH!!!
Ich sitze da und muss das Ganze erst einmal realisieren. Da läuft er! Das ist er wirklich! Das ist "DAS PARFUM"!
Ich bin so aufgeregt, dass ich denke ich muss mich übergeben. Mit weit aufgerissenen Augen sitze ich dort und lasse alles auf mich einwirken in der Hoffnung mein Date, auf welches ich mich über ein Jahr gefreut hatte würde keinem Desaster gleichkommen.

Der Anfang ist nahezu widerlich. Die Direktheit des Hässlichen wird so schonungs- und kompromisslos rübergebracht wie ich es selten in einem Film gesehen habe. Vielleicht kam es auch daher, dass ich es mir nicht so heftig vorgestellt habe als ich das Buch gelesen habe, aber der Beginn ist mir so widerlich und fast schon menschenverachtend vorgekommen dass ich erstmal schwer schlucken musste. Vielleicht war das aber auch Tykwers und Eichingers Absicht. Mit einem wahren Paukenschlag zu beginnen.
Es geht weiter! Seine gesamte Kindheit und Jugend wird sehr grauenvoll geschildert. Alles woran er sich klammert ist seine besondere Gabe. Sie erhällt ihn am Leben.
Dann der erste Mord! Wundervoll, diese nahezu detailgenaue Umsetzung! Das erste wirkliche Highlight!
Die weitere Entwicklung zeigt, dass die Macher das Buch wirklich lieben und ernst nehmen.
Es wurden einige Dinge verändert, aber auf gute Art und Weise. Verschiedene Momente bekommen eine andere Bedeutung. Einige kleine Einzelheiten wurden weggelassen, andere hinzugefügt.
Es ist fast so wie bei einem Parfum, dessen Grundelemente man beibehält sie nur in einer anderen Dosierung wieder zusammen mischt. Und am Ende hat man zwei von ihnen. Sie ähneln sich sehr aber wirken doch ein wenig anders auf die Menschen.
Was hier ganz besonders hervorgehoben werden muss ist...eigentlich alles!
Das was ich gestern sah ist kein deutsches, sondern wirklich internationales Kino. Es übertrifft nahezu alle deutschen Kinoproduktionen, die es je gegeben hat und kann sich locker mit ausländischen Produktionen messen. Es ist wirklich der perfekte Spagat zwischen Kunst und Kommerz. An dieser Stelle möchte ich nochmal ganz herzlich Tom Tykwer und Bernd Eichinger danken, dass sie bewiesen haben, dass unverfilmbare Romane teilweise eben doch verfilmbar sein können.
Alles an diesem Film war einfach perfekt. Die Regie, die Kameraarbeit, der Schnitt, die Musik, die Darsteller. Einfach alles war tadellos und nahezu genial.
Ben Whishaw IST Jean-Baptiste Grenouille und ihm dürfte nach dieser Glanzleistung einer internationalen Karriere nichts mehr im Wege stehen. Dustin Hoffman ist zum niederknien brilliant in der Rolle des Parfumeurs Baldini.
Alan Rickman schafft es in der besten, eindringlichsten und am ergreifensten gemachten Szene des Films alles zu zeigen was er kann. Man kann sich in diesem Moment nur allzugut in ihn hineinversetzen und sich vorstellen was in ihm vorgehen mag.
Ebenfalls hervorheben möchte ich die Rollen von Karoline Herfurth und Rachel Hurd-Wood. Sie sind die absolut perfekten Besetzungen. So perfekt wie der ganze Film.
Was mich am meisten verblüfft hat war die Tatsache, dass es anders war als ich es mir vorgestellt hatte und dass es trotzdem funktioniert hat.
Und ich möchte an dieser Stelle endlich aufräumen mit all den bösen Gerüchten, die sich in der Zeit vor Kinostart zusammengesammelt haben.
Dustin Hoffman hätte ein Overacting(?), der Erzähler würde zuviel quatschen, das Ende wäre zu lasch... . Alles Blödsinn!!!
Und ich will nie wieder einen von diesen lächerlichen Vorwürfen hören.
Dieser Film ist ein cineastisches Meisterwerk und der BESTE Kinofilm des Jahres. Er ist groß, opulent und man sieht, dass Könner am Werk waren, die das Buch genauso sehr lieben wie ich.
Und der Film hat sein Versprechen in keinster Weise gebrochen und hat es tatsächlich geschafft sich in meiner Top 50 einzunisten. Wo genau kann ich jetzt noch nicht sagen, aber er ist drin.
Als ich gestern aus dem Kino kam hätte ich den Film am liebsten sofort nocheinmal gesehen. Aber da werde ich wohl auf die DVD warten müssen.


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Murillo
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Beitrag von Murillo »

schöne Kritik!
Ich fand den Film wahrscheinlich nicht annähernd so genial, aber ich war doch sehr positiv überrascht.
Aber ich bin immer noch enttäuscht, dass ich bei der tollen Galaveranstaltung vor dem Film keines von den Shampoos und Parfums abgesahnt habe.


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Damien3
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Beitrag von Damien3 »

Also ich bin ja ga nicht so begeistert das dir der Film so gut gefallen hat, sondern das du eine Wahnisnns Review auf die Beine gestellt hast!
Ich musste oft lachen, das ist ein gutes Zeichen!
Also besser hätte ich es alles nie ausdrücken können.
Ich werde diesen Film auch sehen und sehr gespannt sein was ich denke...
Ich werde dann auch ausführlich darüber schreiben.
Bin gespannt ob wir zwei Gegensätze lesen oder zwei Lobhudeleien...


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Naota
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Beitrag von Naota »

Schön zu lesende Kritik :mrgreen: ... aber ich muss dir leider wiedersprechen... der Film war schon nicht schlecht und ich mochte die Besetzung von Dustin Hoffman sehr gerne, wirklich eine perfekte Wahl, nur leider hatte er ein Overacting, außerdem hat der Erzähler zu viel gequatscht, ach und das Ende fand ich definitiv zu lasch... außerdem vermisste ich den wirklichen Tiefgang, die Außeinandersetzung des Zuschauers mit der Psyche Grenouilles und den Zynismus/Sarkasmus, der für mich einen großen Teils des Filmes ausgemacht hätte... Tom Tykwer lag nicht ganz falsch... der Film war visuell ansprechend, toll Besetz und hatte wirklich sehr starke Momente... hätte mir dennoch einen Kubrick lieber als Regisseur gewünscht... :mrgreen:


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Nun ja, Kubrick wäre wahrscheinlich noch ein Bisschen besser gewesen, das gebe ich zu.
Das mit Dustin Hoffman meinst du hoffentlich nicht ernst, oder?
Bei allen anderen Punkten könnte ich dich noch verstehen obwohl es mir selbst nicht so vorkam, bzw. mich nicht gestört hat.
Aber Dustin Hoffman und Overacting??? Wie kommt man auf sowas?


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Naota
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Beitrag von Naota »

Na ja, Dustin Hoffman hatte vielleicht kein Overacting im eigentlichen Sinne, nur fand ich die Szenen in denen er gezeigt wurde etwas "überflüssig", bzw. zu lang... also das Zusammenmischen der Parfums hätte man kürzen können und dafür eher seine Erfolgs- und Geldgier betonen sollen... es war also ein reines Drehbuchproblem, wie eigentlich alle gravierenden Probleme des Films... Baldini hätte einfach noch viel schleimiger und bösartiger rüberkommen sollen... das was von ihm gezeigt wurde war mir irgendwie zu gradlinig...


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Damien3
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Beitrag von Damien3 »

Alles in allem muss ich tatsächlich Naota recht geben.
Habe meine eigene Review online gestellt...


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Äh, wo genau ist denn deine eigene Review?
Ich sehe sie hier nirgendwo.


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Murillo
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Beitrag von Murillo »



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Beitrag von Detlef P. »

Entweder bin ich blind oder der Thread war gerade noch nicht da :knifehead:


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Nikkita
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Beitrag von Nikkita »

So habe ihn nun auch gesehen....
Und ich muss leider feststellen,dass sich das lange Warten nicht ganz gelohnt hat. Klar, der Film ist handwerklich tiptop, kann man nicht anders sagen. Die Bilder, die Schnitte, die Kameraführung, die Musik,alles wirklich gekonnt und doch kann der Film nicht überzeugen.

Er wirkt vielmehr aalglat, zu oberflächlich. Der Zuschauer kann keine wirkliche Beziehung zu den Protagonisten aufbauen und insbesondere nicht zu Jean-Baptist. Im Buch ist man hin- und hergerissen zwischen Ekel, Furcht und Mitleid. Im Film war er mir egal. Vielleicht ein kleines bisschen Mitleid konnte er noch erwecken, das wars aber.

Und was soll der Sch...mit Dustin Hofamann, warum musste man diese Stellen so ins lächerliche ziehen. Was sollten die Komikelemente? Das passt überhaupt nicht zur Geschichte.

Und dem Off-Erzähler hätte man auch die Hälfte des Textes streichen sollen. Im Endeffekt hat mit der Offerzähler meine These bestätigt, dass das Buch schlicht unverfilmbar ist. Wenn ich soviel Offerzählung brauche, dann kann man den Stoff einfach nicht visuell darstellen, man muss ihn verbal erklären. Und somit sind in der Tat einige Geschichten, die andere, als den visuellen Sinn, ansprechen, nicht adäquat in Bilder umzusetzten. Dann kann ich aber gleich ein Hörbuch aufnehmen, bevor ich den Zuschauer mit ästhetischen Bildern zu ballere, die letztendlich die Geschichte nicht zutragen vermögen.

Respekt für die handwerkliche Leistung! Die adäquate Projektion des Buchinhaltes auf die Leinwand, war und ist einfach nicht möglich!!!


"Film ist die Übermittlung von Gedankeninhalten durch Bilderreihen, die zur Projektierung bestimmt sind."
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Beitrag von Detlef P. »

Schade, das ich (in diesem Forum) scheinbar der einzige bin dem die Umsetzung gefallen hat.
Überall anders liest man größtenteils Lobhymnen, auch von Leuten die die Vorlage kannten.
Allerdings muss ich sagen, dass ich mir von vornherein keine 1 zu 1 Umsetzung vorgestellt oder erwartet hatte.
Den Literatur und Kino sind zwei unterschiedliche paar Schuhe und es ist wohl klar, dass man kein Buch 1 zu 1 umsetzen kann.
Dazu möchte ich hier ein schönes (altes) Zitat von einem guten Freund und Kollegen bringen:
Voland hat geschrieben:Mittlerweile habe ich aber erkannt, dass man ein Buch nicht immer Wort für Wort verfilmen muss bzw. sollte. Der Film ist eine andere Kunstform und sollte eigenständig sein. Er lebt viel zu sehr von den geschriebenen Geschichten.
...
1:1-Adaptionen zeugen nur von kreativer Schwäche.


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Naota
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Beitrag von Naota »

Detlef P. hat geschrieben:Schade, das ich (in diesem Forum) scheinbar der einzige bin dem die Umsetzung gefallen hat.
Überall anders liest man größtenteils Lobhymnen, auch von Leuten die die Vorlage kannten.
Allerdings muss ich sagen, dass ich mir von vornherein keine 1 zu 1 Umsetzung vorgestellt oder erwartet hatte.
Den Literatur und Kino sind zwei unterschiedliche paar Schuhe und es ist wohl klar, dass man kein Buch 1 zu 1 umsetzen kann.
Dazu möchte ich hier ein schönes (altes) Zitat von einem guten Freund und Kollegen bringen:
Voland hat geschrieben:Mittlerweile habe ich aber erkannt, dass man ein Buch nicht immer Wort für Wort verfilmen muss bzw. sollte. Der Film ist eine andere Kunstform und sollte eigenständig sein. Er lebt viel zu sehr von den geschriebenen Geschichten.
...
1:1-Adaptionen zeugen nur von kreativer Schwäche.

Eben genau das mein ich doch... Dem Film mangelt es an Kreativität... Handwerklich nett gemacht... Doch allein am Erzähler merkt man doch eben, dass Tykwer versucht hat das Buch Wort für Wort umzusetzen... Genau das geht nun aber mal gar nicht... Etwas künstlirische Innovation, freiere Gestaltung des Stoffes hätten nicht geschadet... Ich hätte von dem Film eher eine Interpretation des Stoffes erwartet und eben nicht eine solche doch recht "platte" Abfilmung... Genau darin besteht für mich ein großes Problem des Films! Und des weiteren haben für mich halt eben auch noch wirklich wichtige Aspekte des Stoffes, die nun eigentlich wirklich reinhätten müssen gefehlt... Beispielsweise die negative Darstellung der Charaktere um Jean-Baptist herum... Die hätte man mindest so zynisch, bösartig darstellen sollen wie im Buch... Und auch zu Jean-Baptist konnte man keine wirkliche Beziehung aufbauen, obwohl er eigentlich die Identifikationsfigur des Filmes hätte sein sollen... Mir war der Film eben zu gradlinig und unkreativ!!


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Beitrag von Detlef P. »

Ich konnte eine Beziehung zu Grenouille aufbauen, und das sogar fast noch besser als im Buch!!!
Tykwer hat einige Dinge abgeändert, wie du schon sagtest (und ich in meiner Kritik auch schon angedeutet hatte) und damit waren anscheinend einige Leute nicht zufrieden.
Einige Dinge hat er etwas abgekürzt, andere Aspekte hat er dazu genommen, wieder andere weggelassen.

Einerseits sagst du er hätte die Geschichte selber interpretieren sollen, andererseits sagst du aber auch, dass einige Aspekte gefehlt haben die er weggelassen hat. Also warst du mit den Punkten an denen er variiert hat nicht zufrieden.
Deswegen wirkt deine Aussage ein wenig widersprüchlich auf mich.


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Beitrag von Naota »

Das Problem des Drehbuchs lag für mich darin, dass es versucht hat den möglichst nah am Buch zu bleiben, es aber nicht geschafft hat die escenziellen Sachen aufzugreifen... Mehr künstlerische Innovation ist sicherlich gefragt, oft wurden aber auch wichtige Sachen zu simpel dargestellt, bzw. sogar ganz weggelassen... Beispielsweise die Szene in der Höhle ist für mich eine der wichtigsten des Buches gewesen im Hinblick auf die Psyche Grenouilles... Es ist schon verdammt schwer das Buch zu erfassen, Tykwer hat es auch nicht unbedingt schlecht gemacht, jedoch hätte er sich mehr von der bloßen "Geschichte" lösen sollen... Trotzdem bedarf es natürlich einem roten Faden, sowie einiger Schlüsselelemente und die wurden meiner Meinung nach noch nicht einmal erfasst, bzw. ansprechend und ausreichend dargestellt... Der Film gibt halt einfach nur die "Geschichte" des Buches wieder, schafft es aber nicht tiefer zu gehen... Einerseits durch weggelassene Elemente, andererseits durch die zu gradlinige, oberflächliche Abfilmung des Stoffes...


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Beitrag von Detlef P. »

Ich denke, dass es ganz einfach daran liegt was man erwartet hat.
Ich habe ganz einfach gar nichts erwartet und mich einfach überraschen lassen. Einige Szenen fand ich sehr gelungen und nah am Buch (Der erste Mord), bei anderen hat man gemerkt, dass variiert wurde, was mir auch zugesagt hat.
Ich fand eigentlich das genau die richtige Mischung aus Nähe am Buch und Selbstinterpretation getroffen wurde.
Du (und die anderen) fanden das anscheinend nicht.


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Beitrag von Silencer »

Okay, also ich fand ihn schon ziemlich gut, ohne Frage. Und Ben Wishaw war schlicht genial und hat D.Hoffmann noch glatt an die Wand gespielt, was auch schon was heißt. Er hat ja kaum Text gehabt, alles mehr oder weniger mimisch ausgedrückt - meinen tiefsten Respekt ! Hoffentlich war das nicht das letzte, was man von ihm gesehen hat !

Das Ende ist ein bißchen kompliziert geraten, meiner Meinung nach. Mußte erst mal mit Leuten reden, die auch das Buch kannten, um wirklich zu verstehen, was da abging. Aber sonst...einfach genial !


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Beitrag von Detlef P. »

Wie schön endlich mal jemanden zu treffen, der den Film ähnlich zu würdigen weiß wie ich. :beer:


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Beitrag von Silencer »

Yep, das kann ich ! :daumen:


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Re: Detlef liebt den Geruch von "Das Parfum"

Beitrag von Detlef P. »

Wow!
Habe die Kritik seit Jahren nicht mehr gelesen.

Das war wohl mit Abstand das Beste was ich jemals für dieses Forum geschrieben habe.
Meine sixtinische Kapelle, mein Citizen Kane!
Ich will mich normalerweise nicht selbst loben, aber der Text ist in meinen Augen einfach perfekt und ich würde nicht ein einziges Komma oder gar ein Wort ändern. Inhaltlich und stilistisch ein echtes Meisterstück, was mir mit Sicherheit nie wieder gelingen wird.
Krass, ich bin richtig stolz auf mich :oops: :mrgreen:


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Re: Detlef liebt den Geruch von "Das Parfum"

Beitrag von Detlef P. »

Es ist heute tatsächlich genau 15 Jahre her, dass Muri und ich in der Vorpremiere waren.
Ich denke immer noch als ein Wahnsinnserlebnis an diesen Abend zurück.
Und auch, wenn ich mit der Zeit bessere, ausführlichere und längere Reviews hatte, denke ich, dass diese die erste war, die mir so detailreich und gut gelungen ist, sodass sie auch heute noch als eine meiner besten angesehen werden kann.

Und auch vielen Dank an Euch für die zahlreichen Antworten :beer:


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