...dann kann ich ja auch irgendwelche 80er-Jahre-Action-Kracher hier reinstellen. Rollentausch nennt man sowas wohl
Es ist schon viele Jahre her, dass ich „Straßen in Flammen“ sah. Über 10 Jahre um genau zu sein.
Ich war noch Student an der Uni und war auf einem Freitagabend auf eine Abschiedsparty von einer guten Bekannten eingeladen worden, die von Bielefeld nach Hamburg umzog.
Ich sagte zu, aber als ich am Nachmittag nach Hause kam, war ich so übermüdet, dass ich leider einschlief.
Gegen Mitternacht erwachte ich und realisierte, dass ich die Party verpasst hatte.
Ich ärgerte mich darüber, da ich meine Bekannte gerne noch einmal gesehen hätte. Aber es hat nicht sollen sein.
Ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Da ich ja gerade erst gepennt hatte, würde ich vor 4 Uhr morgens oder so nicht schlafen können.
In der Fernsehzeitung las ich dann, dass „Straßen in Flammen“ im Nachtprogramm lief. Im Vorfeld hatte ich mich – zumindest soweit ich mich erinnere – nach einiger Überlegung gegen den Film entschieden, da mir irgendwie der letzte Kick fehlte, ihn sehen zu wollen.
Denn ich hätte ihn ja theoretisch, wenn ich auf die Party gegangen wäre, mit meinem Videorekorder programmieren können, um ihn am nächsten Tag anzuschauen (ja, liebe Kinder, so lange ist das schon her und so funktionierte das Leben damals tatsächlich!).
Außerdem hatte ich ja auch noch nichts gegessen, da ich direkt eingeschlafen war, als ich nach Hause kam und ich dachte, dass ich auf der Party würde essen können.
Also machte ich mir schnell eine riesengroße Portion Spaghetti mit meiner selbstgemachten Tomatensoße (die Muri bis heute so großartig findet) und setzte mich in tiefster Nacht vor den Fernseher, um mir „Straßen in Flammen“ anzusehen.
Ich hatte vorher – vermutlich in der Fernsehzeitung oder auch anderswo – gelesen, dass der Streifen bereits 1984, als er erschien, als etwas polarisierend aufgenommen wurde und einige Kinogänger völlig begeistert von ihm waren und andere ihn für kitschigen Hollywood-Quatsch hielten.
Regisseur Walter Hill kommentierte das später damit, dass er damals einfach alle Elemente die er zum damaligen Zeitpunkt für großartig befunden hat – von Rockmusik über Motorrad-Verfolgungsjagten, bis hin zu Küssen im Regen – in diesem Film gepackt hätte.
Und genau das, Ladies und Gentlemen, sieht man sehr, sehr deutlich und genau das ist auch die absolut große Stärke des Films.
Und ich muss gestehen, dass ich beide Seiten völlig verstehen kann. Aber ich muss mich hier bei diesem Film einfach auf erstere Seite stellen.
Und zwar genau aus dem gleichen Grund, warum ich damals – vor vielen Jahren – schon „Dirty Dancing“ hier positiv aufgeführt habe.
Weil hier einfach alle Elemente für einen absoluten Kultfilm zusammenlaufen!
Nimmt man die Handlung an sich, ist der Film völlig Banane und absolut nichts besonderes.
Es ist hier wirklich das wie und besonders das gewusst wie, das bei Walter Hill zählt.
Der Film strotzt nur so vor Klischees der 80er Jahre, aber auf so eine absolut geile Art und Weise, dass der Film ein so dermaßen eindeutiges Kind seiner Zeit ist, dass es einfach nur großartig ist, in diese Welt einzutauchen.
Denn das ist ein Film, der so und wirklich genau so nur zu genau dieser Zeit möglich gewesen wäre.
Alleine die Darsteller, die alle perfekt ihre Rollen ausfüllen.
Michael Paré, von dem man nach diesem Film und vielleicht noch nach „Das Philadelphia-Experiment“ nur noch in absoluten Schrottproduktionen und später Direct-to-Video-Müll etwas gehört hat.
Diane Lane als seine Ex, eine Sängerin, die von einer Motorradgang entführt wird.
Rick Moranis als lustiger Nerd-Hampelmann dazwischen.
Amy Madigan (deren Namen ich gerade echt nachgucken musste) als Parés lesbischer Kumpeline mit dicker Fresse.
Und als absolute Krönung Willem Dafoe als Anführer der Motorradgang.
Was für eine geile Besetzung!
Bereits in den ersten Minuten tauchst Du tief hinab in die unendlichen Gefilde der urban 80er-Jahre-Fantasie eines Walter Hill, der uns auf eine unglaubliche Reise mitnimmt, mit der man in dieser Form niemals gerechnet hätte.
Selbstverständlich ist das einer dieser Filme, bei denen man sich am Anfang schon ausmalen kann, wie sie am Ende wohl ausgehen werden.
Aber gerade darin liegt ja bei dieser Art von Film der spezielle Reiz. Ihn so zu gestalten, dass es trotzdem so interessant ist, dass man die ganze Zeit dran kleben bleibt und trotzdem wissen will, was als nächstes passiert.
Und das hat Hill hier ganz eindeutig geschafft.
Ich habe diesen Film früher gerne als einen der ultimativen Poserfilme bezeichnet, was aber absolut nicht negativ gemeint ist – ganz im Gegenteil.
Selten habe ich einem Film und einem Regisseur so gerne beim absoluten Rumposen zugesehen.
Denn genau diese wunderschönen Szenen, in denen - übertrieben formuliert - bei Regen auf einem Motorad posend herumgeknutscht wird, brennen sich Dir in die Netzhaut.
Und sie sind es, die den Film zwar einerseits als 80er-Relikt kennzeichnen, aber Dich andererseits durch ihre Einzigartigkeit auch nie wieder loslassen und, die Zeit transzendierend, bis heute nachwirken und dadurch am Ende doch zeitlos werden.
Und genau so etwas wurde hier erschaffen. Und genau das macht diesen Film zu einem absoluten Kultfilm seiner Zeit und zu einem Werk, bei dem ich froh bin, dass ich es mir durch Zufall dann doch zu Gemüte führen durfte.
Die Party hatte ich zwar verpasst, war aber um eine Filmerfahrung reicher. So spielt halt das Leben, was, im Grunde genommen, fast selbst ein Klischee ist.
@Damien: gerne!