Volands Die Jungfrauenquelle

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Moderator: Damien3

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Voland
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Volands Die Jungfrauenquelle

Beitrag von Voland »

Wer hätte bei diesem Titel so einen Film erwartet? Klar, es ist ein Bergman, doch ich war dennoch erstaunt. Ein heftiger Film, vor allem für die damaligen Verhältnisse. Im Charakter ist er unweigerlich ein Stummfilm. Die Dialoge sind nicht maßgebend, sondern vielmehr zählt hier die Mimik und Gestik der Personen.

So spielen also die Schauspieler ihre Rollen, als würde ihre Stimme nicht aufgezeichnet werden. Ihre Intentionen geben sie durch ihre Körpersprache an den Zuschauer weiter. Allen voran will ich Gunnel Lindblom, die Darstellerin der Ingeri, stellen. Diese Blicke, voller Nadeln, als würden sie den Zuschauer durchbohren können. Bei weitem besser als in Bergmans Schweigen spielt sie hier ihren Part. Eine echte Ausnahmeschauspielerin, wenn ich an ihre Beichte denke.

Neben den Schauspielern hat sich wieder eine bestimmte Person ins rechte Licht gerückt - oder besser gesagt die Szenen. Sven Nykvist als Kameramann, wie schon in einigen anderen Bergman Filmen. Er ist fürwahr ein Meister seines Fachs. Er versteht es, die Schatten richtig zu nutzen. So, wie es auch zu Stummfilmzeiten schon geschah. Die Kamera war alles, das Bild das Instrument des Austausches. Mit dem Ton wurde leider die Kameraarbeit im Allgemeinen schwächer. Man schien sich nicht mehr so sehr darauf zu konzentrieren, etwas in Bildern auszudrücken. Nykvists starke Kontraste verleihen dem Film eine besondere Note, da sie die Eiseskälte in Bergmans Erzählstil noch mit Nachdruck versehen.

"Die Jungfrauenquelle" bietet aber neben den technischen Leistungen noch weitaus mehr. Ein durchwegs kritischer und gewagter Film, zweifelt er doch in gewisser Weise an Gott und seinen Schäfchen. Wieder einmal liefert uns Bergman einen religiösen Hintergrund, wieder einmal verbindet er Fiktion mit eigenen Erfahrungen.

Wenn Bergman seine Filme in Zeiten des Mittelalters ansetzt bin ich immer besonderes begeistert. Denn für gewöhnlich besiedeln doch bloß Helden, Ritter und schöne Burgfräulein Filme aus jener Zeit. Bergman jedoch geht seinen üblichen Weg - und das gefällt mir. Er setzt nicht bloß die Bühnendeko für das Mittelalter hinter die Personen, sondern er beschäftigt sich ernsthaft mit dem Wesen der damaligen Zeit. Eine wundervolle Gabe, die er schon oft bewiesen hat.
Zuletzt geändert von Voland am Mo 19. Sep 2005, 07:26, insgesamt 1-mal geändert.


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Beitrag von Detlef P. »

Habe letztens gelesen worum es hier geht.
War ebenfalls sehr überrascht. Scheint wirklich ein sehr heftiger, aber interessanter Film zu sein.
Werde ihn mir ansehen sobald ich ihn irgendwo bekomme.


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

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"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Beitrag von Voland »

Ich befürchte, da wirst Du noch warten müssen. Habe ihn selbst bloß im Original mit englischen Untertiteln. Weiß nicht, ob der so einfach zu kaufen ist. Eigentlich ist er ja einer der besten Filme von Bergman - finde ich. Aber sowas zählt ja nicht, wenn es um DVD-Erscheinungen geht *g*


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Beitrag von Detlef P. »

Zu kaufen gibt es ihn tatsächlich. Das habe ich allerdings nicht vor.
Ich kaufe grundsätzlich nur Filme, die ich schon kenne.


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Beitrag von Voland »

Ach ja, ich vergaß. Das hieße ja, dass Dir abartig viele gute Filme entgehen.


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Beitrag von Detlef P. »

Wieso entgehen?
Ich muss einfach nur viel länger auf die Filme warten.
Und wenn die Filme dann wirklich sooo toll sind, dann hat sich das Warten auch gelohnt.


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Re: Volands Die Jungfrauenquelle

Beitrag von Detlef P. »

So, dieser Film ist mir mitnichten entgangen, wie man sieht.
Ich kann Voland eigentlich nur zustimmen.
Für die damalige Zeit ein wirklich gewagter Film, auch wenn ich ihn mir noch etwas heftiger vorgestellt hatte.
Aber schauspielerisch und auch inszenatorisch gibt es hier nichts dran zu rütteln.
Und auch mir sind die deutlichen religiösen Motive aufgefallen, die hier verwendet werden.
Ein wirklich faszinierendes Schuld-und-Sühne-Gleichnis.
Was mich total irritiert hat, auch wenn ich es irgendwie cool, wiel unerwartet fand, war diese komische "Hexe" im Wald und ihre Voraussagungen.
Das wirkte ein bisschen wie von einem anderen Stern, aber es hatte was.
Der Film war ohne Frage gut, aber andere Filme von Bergman gefallen mir noch deutlich besser.


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