Robert Altman

Die größten Meister, die größten Nieten, ihre Filme, ihre Leben.

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Detlef P.
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Robert Altman

Beitrag von Detlef P. »

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"Lüften wir den Hut und verneigen unser Haupt vor einem großen Künstler! Robert Altman war Bomberpilot, Versicherungs-Vertreter, Erfinder (u. a. einer Hunde-Tätowierungsmaschine), ein in vielen Unternehmungen gescheiterter Geschäftsmann, ehe er zum Film kam. Sein erster großer Erfolg war "M.A.S.H." (1969), eine köstlich rabenschwarze Komödie über die Arbeit einer Sanitätseinheit im Koreakrieg mit Donald Sutherland und Elliott Gould in den Hauptrollen. "M.A.S.H." gewann die Goldene Palme von Cannes und einen Oscar (fürs beste Drehbuch).
Aber, typisch Altman, er machte nun keineswegs auf hoch budgetiertem Hollywood-Niveau weiter, sondern drehte eine Reihe kleiner Filme, die an der Kinokasse wenig einbrachten. Wollte aber jemand eines Tages ein Porträt der USA im 20. Jahrhundert collagieren, er käme an diesen wunderbaren, treffend zeichnenden, poetischen Filmen nicht vorbei. Es sind dies vor allem: "McCabe und Mrs. Miller" (1971) mit Julie Christie und Warren Beatty, "Der Tod kennt keine Wiederkehr" (1972, mit Elliott Gould), "Diebe wie wir" und "California Split" (1974), erneut mit Elliott Gould sowie George Segal.

Altmans Meisterschaft in diesen Filmen besteht darin, über eher flüchtig skizzierten Stories, die gleichwohl und besonders in "California Split" und "Diebe wie wir" atemberaubend spannend sind, die Stimmung einer Epoche und ihres Zeitgeistes auf das wunderbarste zu beschwören. Wer den tragisch realistischen Western "McCabe und Mrs. Miller" gesehen hat, wird frühere oder spätere Ergüsse desselben Genres wie etwa "Der mit dem Wolf tanzt" nicht mehr ernst nehmen können. "Diebe wie wir" (1973) wirkt, als ob dieser Film Altmans persönliche Entgegnung auf die arg romantisierende Gangsterballade "Bonnie und Clyde" wäre, dies um so mehr, als auch Altman eine Liebesgeschichte, eine wahrhaft zu Herzen gehende, erzählt. "Der Tod kennt keine Wiederkehr" (1973) ist unerreicht unter den zahlreichen Verfilmungen von Raymond Chandler-Romanen, wobei wir ausdrücklich die Bogart-Filme einbeziehen.

Mit "Nashville" (1975) startete Altman gleichsam ein eigenes und offenbar auch nur von ihm beherrschbares Filmgenre, das amerikanische Monumental-Mosaik. Übertragen auf die Malerei wäre es vergleichbar mit Tübkes "Bauernkrieg" oder Picassos "Guernica" - das Ganze gewürzt mit Goyas bitterer, mitleidender Beobachtungsgabe für die kleinen Dinge des Lebens. Altman führt Dutzende Personen und Schicksale zueinander oder aneinander vorbei. Indem er uns hören lässt, was wir noch lange nicht sehen, oder auch sehen lässt, was hinter den Fassaden geschäftiger Party-Plaudereien steckt, macht er uns zu Zeugen einer wichtigtuerischen, verunsicherten, zutiefst neurotischen Gesellschaft, deren Protagonisten ihre Einsamkeit mühsam zu kaschieren suchen.

Noch zweimal reizte Altman "sein" Genre bis zu höchster Meisterschaft aus: in "Eine Hochzeit" (1978) und "Short Cuts" (1993). Dreimal, auch das soll nicht verschwiegen werden, misslang ihm der große monumentale Wurf. Weder "Buffalo Bill und die Indianer" (1976) noch "Health - Der Gesundheitskongreß" (1980) oder "Prêt-à-porter" (1995) gelangten wesentlich über ihr (allerdings beträchtliches) satirisches Potential hinaus. Für sein Lebenswerk wur Robert Altman 2006 mit dem Ehren-Oscar ausgezeichnet.

Weitere Filme von Robert Altman: "Delinquents - Die Gesetzlosen" (1957), "Countdown: Start zum Mond" (1968), "Ein kalter Tag im Park" (1968), "Auch Vögel können töten" (1970), "Spiegelbilder - Images" (1972), "Drei Frauen" (1976), "Quintett" (1978), "Ein perfektes Paar" (1979), "Popeye" (1980), "Windhunde" (1983), "Cool und abgefahren" (1985), "Die Caine - Meuterei vor Gericht" (1988), "Vincent & Theo" (1989), "The Player" (1992), "Kansas City" (1996),"Robert Altman's Jazz in Kansas City" (1996), "The Gingerbread Man" (1997), "Cookie's Fortune" (1999), "Dr. T and the Women" (2000) sowie "Gosford Park" (2001), für den Altman in Januar 2002 mit dem Golden Globe als bester Regisseur ausgezeichnet wurde. 2003 entstand der Ballett-Film "The Company - Das Ensemble"." (www.prisma-online.de)


Filmographie:

1957 - Delinquents - Die Gesetzlosen (The Delinquents)
1957 - The James Dean Story
1968 - Countdown - Start zum Mond (Countdown)
1969 - Ein kalter Tag im Park (That Cold Day in the Park)
1970 - M*A*S*H (MASH)
1970 - Auch Vögel können töten (Brewster McCloud)
1971 - McCabe & Mrs. Miller
1972 - Spiegelbilder (Images)
1973 - Der Tod kennt keine Wiederkehr (The Long Goodbye)
1974 - Diebe wie wir (Thieves Like Us)
1974 - California Split
1975 - Nashville
1976 - Buffalo Bill und die Indianer (Buffalo Bill and the Indians, or Sitting Bull's History Lesson)
1977 - Drei Frauen (3 Women)
1978 - Eine Hochzeit (A Wedding)
1979 - Quintett (Quintet)
1979 - A Perfect Couple
1980 - Der Gesundheits-Kongreß (HealtH)
1980 - Popeye - Der Seemann mit dem harten Schlag (Popeye)
1982 - Komm zurück, Jimmy Dean (Come Back to the Five and Dime, Jimmy Dean, Jimmy Dean)
1983 - Windhunde (Streamers)
1984 - Secret Honor – Die geheime Ehre des Präsidenten (Secret Honor)
1985 - Fool for Love – Verrückt vor Liebe (Fool For Love)
1987 - Therapie zwecklos (Beyond Therapy)
1987 - Cool und abgefahren (O.C. and Stiggs)
1987 - Aria (Segment "Les Boréades")
1990 - Vincent & Theo
1992 - The Player
1993 - Short Cuts
1994 - Prêt-à-Porter
1996 - Kansas City
1998 - Gingerbread Man (The Gingerbread Man)
1999 - Cookie's Fortune – Aufruhr in Holly Springs (Cookie's Fortune)
2000 - Dr. T and the Women
2001 - Gosford Park
2003 - The Company – Das Ensemble (The Company)
2006 - Robert Altmans Last Radio Show (A Prairie Home Companion)

Für mich ist Robert Altman eher eine Flachpfeife. Ich kenne zwar nur sechs seiner Filme, allerdings haben diese mich größtenteils nicht sehr beeindruckt.
Richtig (überraschend) gut fand ich "Short Cuts". "Dr. T and the Women" war auch sehr unterhaltsam wobei dieser als sein komerziellster Film gehandelt wird.
"Gingerbread Man" und "Mash" waren o.k., aber eigentlich nichts außergewöhnliches.
Und "The Player" und "Cookie´s Fortune" waren zum davonlaufen scheiße (letzteren habe ich nach einer Stunde Qual ausgemacht um mir eine "South Park"-Folge, die zeitgleich lief anschauen zu können :lach: ).
Von einigen seiner anderen Filme habe ich schon einiges gehört, aber interessiert hat mich das meiste nicht.
Die einzigen Filme, die mich noch einigermaßen interessieren würden sind "Prêt-à-Porter" und "Gosford Park".
Zuletzt geändert von Anonymous am Do 12. Apr 2007, 11:58, insgesamt 1-mal geändert.


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

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Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Beitrag von Detlef P. »

*Räusper*
Robert Altman ist in der Nacht von Montag auf Dienstag verstorben.
R.I.P.


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Beitrag von Murillo »

Du bist schuld an seinem Tod, du hast in eine Woche vorher noch so heftig niedergemacht.

Leider kenne ich noch keinen einzigen seiner Filme.
Wie dem auch sei,

R.I.P.


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Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
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Beitrag von Voland »

Altman ist wohl das, was man von Spielberg so gerne behauptet: Er ist der schizophrene Kerl zwischen Kunst und Kommerz.

Man findet bei Altman "Auftragsfilme", die fern von künstlerischem Anspruch liegen. Man findet aber auch Filme in seinem Repertoir, die einen tief berühren und fordern.
Ich denke es ist unfair, ihn als Flachpfeife zu bezeichnen. Weshalb er aber so konträre Filme dreht bzw. gedreht hat, werde ich aber nie verstehen. Dafür kann ich aber behaupten, sowohl seine anspruchsvollen, wie auch seine unterhaltsamen Filme gerne zu schauen.

Ach ja...
Murillo, du enttäuscht mich. *g*


Ich bin für geistige Zensur. Filme werden moralisch und politisch begutachtet, aber die Dummheit darf passieren.
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Beitrag von Detlef P. »

Um ehrlich zu sein wüsste ich außer "Dr. T and the Women" überhaupt keinen Unterhaltungsfilm von Altman. Das ist auch mein Problem mit ihm. Für mich ist er einfach zu trocken und steif in seiner Erzählweise (abgesehen von "Short Cuts" und "Dr. T").


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

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Damien3
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Beitrag von Damien3 »

100 % Zustimmung Detlef.
ICh finde er hat keinen richtigen Stil gefunden.
Er war wie die Plastiktüte in American Beauty...hin und hergerissen ohne Plan...


"Ich habe sie den ganzen Abend von dahinten beobachtet...sie sind ein sehr attrativer Mann"
"Warum gehen sie nicht in die Ecke zurück und schauen weiter?"
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Voland
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Beitrag von Voland »

Weshalb muss man immer einen Stil verfolgen? Wird das nicht langweilig auf Dauer? Klar ist es schön, wenn man einen Künstler an Hand seiner Werke sofort erkennt. Aber zwingend finde ich es nicht, einem Stil zu folgen. Sofern man das überhaupt so sagen kann. Sein Stil war halt seine trockene und steige Erzählweise (die ich gar nicht so übel finde).


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