Detlefs Kriegsepos aus 2 Perspektiven

"Flags of Our Fathers" und "Letters from Iwo Jima"

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Moderator: Damien3

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Detlef P.
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Detlefs Kriegsepos aus 2 Perspektiven

Beitrag von Detlef P. »

So etwas hat es noch nie gegeben!

Leider kann man diese Sätze im Bezug auf Filme heutzutage immer seltener gebrauchen, da es fast alles mittlerweile schon einmal gegeben hat. Aber dieses mutige und faszinierende Experiment hat es meines Wissens nach tatsächlich noch nie gegeben.

Als Clint Eastwood, der Regisseur beider Filme, anfing den Film "Flags of Our Fathers" über die legendäre Schlacht auf der japanischen Insel Iwo Jima gegen Ende des zweiten Weltkrieges zu planen, wollte er einen Film über die Auswirkungen dieser Schlacht machen - insbesondere über die Auswirkungen eines einzelnen Fotos, welches während dieser Schlacht geschossen wurde und das Weltgeschichte schrieb.
Ich rede von diesem Foto:

Bild

Dieses Foto vermittelte den amerikanischen Bürgern Hoffnung, nachdem sich der Krieg schon einige Jahre hinzog und die Wirtschaft immer schlechter wurde.
Die sechs Männer auf diesem Foto wurden als Helden gefeiert, und das obwohl sie lediglich zufällig dabei fotographiert wurden, wie sie eine Fahne aufstellen. Es ging nicht um ihre Tapferkeit im Krieg, oder ähnliches, nein, es ging einfach nur um diese dämliche Fahne, die rein theoretisch auch jeder andere hätte dort aufstellen können.
Ich schätze es ist ein ziemlich merkwürdiges, wenn nicht sogar unangenehmes Gefühl, wenn du für etwas so banales als Held gefeiert wirst und durch die USA eine Art Werbetour für die Army machen darfst (musst), während keine Kameraden draußen im Krieg krepieren und du das Gefühl hast, dass sie im Grunde genommen mehr leisten als du.
Aber genau das mussten die drei Überlebenden des Flaggenfotos machen. Die anderen drei waren kurz nach dem Aufstellen der Flagge gefallen.
Nebenbei bemerkt war das überhaupt nicht die erste, sondern bereits die zweite(!) Flagge, die dort gehisst wurde.
Ein patriotischer Colonel war so stolz über das Aufstellen der ersten Flagge, dass er sich genau diese Flagge an seine Wand hängen wollte. Also musste die erste Flagge runtergeholt und die zweite gehisst werden.
Hinzu kam noch, dass beim zweiten Flaggenhissen ein Soldat dabei war, der einen anderen von der ersten Flaggencrew ersetzte. In den Zeitungen wurde jedoch lange Zeit fälschlicherweise der Name des Soldaten aus der ersten Crew genannt, obwohl er beim zweiten Mal nicht dabei war.

Man sieht also was so ein Presserummel um so ein im Grunde lächerliches Foto (ein paar Typen stellen eine Flagge auf, na und?) alles bewirken kann. Im positiven, sowie im negativen Sinn.

Als Clint Eastwood also mit seiner Crew für den Film "Flags of Our Fathers", welcher übrigens auf dem Memoiren des Soldaten und Sanitäters John Bradley (einer der sechs Flaggenhisser) beruht, recherchierte, entdeckten sie viele Aufzeichnungen über die Verteidigungspläne der Insel, welche unter der Leitung des japanischen Generals Tadamichi Kuribayashi durchgeführt wurden.

Kuribayashi wurde bereits einige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg in Kanada ausgebildet und war danach für zwei Jahre als Berufsoffizier in den USA, wobei er durch seine Stellung einen Diplomaten-Status erhielt.
Kuribayashi war einer der wenigen, die gegen Japans Eintritt in den zweiten Weltkrieg waren, da er der Meinung war, dass Japan den USA aus ökologischer Sicht nicht gewachsen war. Zudem war er den Amerikanern freundlich gesonnen, da ihm sein Aufenthalt dort sehr gefiel.
Trotzdem übernahm er die Führung der japanischen Verteidigung in der Schlacht um die Insel.
Kuribayashi war sich von vornherein sicher, dass die Japaner diese Schlacht nicht gewinnen konnten und vermutlich ihren Tod finden würden, zumal er weder Kampf-Flugzeuge, noch Kampf-Kreuzer anfordern konnte, da fast die gesamte Flotte bei einer vorhergegangenen Schlacht zerstört worden war.
Trotzdem wollte er den Amerikanern die Eroberung der Insel so schwer wie möglich machen, was ihm mit seiner recht ungewöhnlichen Strategie auch gelang.
Er ließ bis zu 30 Meter lange Tunnel auf der Insel graben damit die japanischen Soldaten sich in ihnen verstecken konnten und so für die amerikanischen Soldaten schwerer anzugreifen waren.

Clint Eastwood kam also durch die Aufzeichnungen der Verteidigungspläne auf die Idee einen zweiten Film über die Schlacht von Iwo Jima zu drehen, und zwar dieses Mal aus der Sicht der Japaner und in japanischer Sprache!!!
Es gibt leider keinen Memoiren eines japanischen Soldaten, aber es wurden Briefe von Kuribayashi gefunden, welche er während seiner Zeit in Amerika seiner Familie zukommen ließ und durch welche man erfahren konnte was für ein Mensch er war. Der Rest des Films stützt sich auf Zeugenaussagen und, wie bereits gesagt auf Aufzeichnungen.
Wobei er Film mit Sicherheit auch erdachte Figuren und Situationen aufzuweisen hat, aber das ist ja normal.
Es ist einfach nicht möglich ein real geschehenes Ereignis GENAU SO abzubilden wie es geschehen ist.

Nach einer 36-tägigen(!) Schlacht war es zu Ende. 6000 tote und 18000 verwundete Amerikaner und 21000 tote Japaner waren zu beklagen.
Lediglich 216 japanische Soldaten überlebten die Invasion.

Und Clint Eastwood hat ihnen allen gewürdigt, sowohl den Lebenden als auch den Toten auf beiden Seiten.
Beide Filme für sich sind bereits interessant und faszinierend.
Aber erst wenn man beide Filme kennt ergibt sich ein Gesamtbild von dieser Schlacht und sogar von einem Großteil des gesamten zweiten Weltkrieges.
Und so etwas, hat es meines Wissens nach noch nie gegeben!


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