Damiens "Django Unchained"

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Moderator: Damien3

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Damien3
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Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Damien3 »

Django Unchained


So, das war er also, der erfolgreichste Tarantino aller Zeiten.
Vorbei das Zeitalter indem er von einer kleinen Gruppe Menschen seit anfang der Neunziger geliebt wird
Er ist oben angekommen…
Für seine typischen Erkennungsmekmale und Eigenheiten.
Sein filmhistorischer Hintergrund ist legendär und sein Wissen über das Medium unbegrenzt.

Ich kann mich erinnern wie ich das erste mal verstört "Reservoir Dogs" auf Videocassette sah.
Der Stil war ein ganz eigener obwohl er eigentlich nichts wirklich neues erzählte….
Die Verehrung dieses Filmes ging dann so weit das ich blindlings in seinen nächsten Film ging : Pulp Fiction

Damit hatte er mich natürlich!
Die vertrakte und verschachtelte Struktur dieses Filmes warf mich komplett aus der Bahn und für
mich war ein neuer Gott geboren:-))--…bis dann "Jackie Brown" kam.

Das war mein großer Knick in seiner Vita. Ich war zutiefst enttäuscht was er dort aus Stars wie Robert
deNiro und Konsorten herausholte. Er konzentrierte sich auf eine Strukur des "banalen erzählens"
und meinte wahrscheinlich eine ganz neue Kunstrichtung zu konstruieren…?

Im Endeffekt hatte er mich wieder mit "Kill Bill" und sein absoluter Schaffenshöhepunkt ist "Inglorious Basterds"

Da ist in den ersten Minuten ein Christoph Waltz der aus dem nichts erschien und plötzlich mit Oscar zur Hollywoodelite aufstieg.
Ich kann jetzt noch jedes Wort und jede Geste und sogar die Tonart seiner ersten 15 Minuten wiedergeben.
Er war einfach göttlich als "Hans Landa" in diesem Film.

Da er nun sowas wie eine "Muse" für Tarantino ist, schrieb er ihm auch die nächste Rolle auf den Leib:
"Dr. King Schulz", einem Kopfgeldjäger aus Deutschland im wilden Westen.
Das Problem nur…..
Man stelle sich die ersten genialen, unsterblichen ersten 15 Minuten von "Basterds" vor und zieht das ganze auf stolze 168 Minuten!
Ich bin sehr offen an diesen Film gegangen, zumal er ja auch vollkommen gehypt wird, aber ich kann mir das nicht wirklich erklären????
Was macht für so viele andere die Faszination aus?
Die "Kunst " des banalen Erzählens wird hier bis zum letzten ausgereizt und man fragt sich des öfteren mitten im Dialog wann Tarantino denn mal zum PUNKT kommt. Bzw seine Protagonisten niemals einfach etwas aussprechen können und in einem unsäglichen Schwall an Text untergehen müssen?
Bitte nicht falsch verstehen, es gibt halt Filme und Trantinofilme…
Ja, die Dialoge von "Viertelpfünder und Europa" und "Fussmassage" aus Fiction sowie die Frage in "Dogs" ob Madonna denn nun noch Jungfrau ist oder nicht, sind Klassiker und reihen sich in die fast makellose Vita
der Regisseurs ein, doch hat man hier das erste mal das Gefühl als wirke das sehr sehr angestrengt.
Normalerweise haben seine Figuren in den letzten 20 Jahren immer irgendwie normal gewirkt weil sie sich
mit solchen Dingen tatsächlich befasst haben. Und diese Dialoge waren auch sehr witzig und sind auch
teilweise in den normalen Sprachgebrauch übergegangen.
Doch hier ist alles so verdammt angestrengt auf Kult gebürstet!

Die Inszenatorische Kraft ist all die Jahre auf jeden Fall gewachsen. Auch hier sind Sequenzen wahrlich
meisterhaft umgesetzt mit so unglaublich vielen Reminiszensen an ähnliche Filme gespickt.
Doch will der Funke bei mir einfach nicht überspringen weil alles komplett zerredet wird.

Ich hätte nie gedacht das ich das einmal sage, aber diCaprio ist genial….aber er hat viel zu viel Screentime in denen er in Wortschwallen unterstreichen muss wie "herrlich verrückt" doch alle im Tarantino Universum sein müssen!
Und dieses "müssen" gab es bei Tarantino eigentlich noch nie!
Da sind coole Charaktere und unsterbliche Szenen einfach "geflossen" und nicht so künstlich aufgebaut.

Man erkennt natürlich die Trademarks wie übergroße Schriften und sehr ungewöhnliche Texte usw.
Man erkennt das viele ältere vergessene Stars immer noch da draußen sind (Don Johnson, Michael Parks)
Aber man erkennt auch die Absicht mich als Fan andauernd mit noch mehr abstrusen Wendungen und konstruierten Finten zu unterhalten.
Ich fühle mich fast wie ein sehr armer Mann der von 2 Leuten so viel Geld geschenkt bekommt das er es nie wieder ausgeben kann du dem 3. dann absagen muss….weil er nicht weiß wohin noch mit dem Geld.
Es ist zwar nobel vom Dritten, mich auch noch beschenken zu wollen, aber geht eine Tasse noch voller als voll?

Kann ich ein Konzept das seit 20 Jahren wiederholt wird nochmals toppen?
Wenn es so kalkuliert und mit so vielen gähnenden Längen gemacht wird, dann bitte NICHT!

Gerne kann Tarantino weiterhin seine eigenen Universen aufbauen und neue junge Filmliebhaber mit schrägem Humor und unfassbarer visueller Gewalt unterhalten. Doch muss er aufpassen einige seiner Trademarks nicht zu sehr auszulutschen.
Sonst gibt es sehr schnell Abnutzungserscheinungen wie bei mir gestern.

Ich glaube das hier ein genialer Film schlummert den man mit ein paar geschickte Schnitten zu einem Meisterwerk machen könnte.

Selten lagen Genie und Wahnsinn so nah beieinander!

Ein Karussel der Gefühle für mich bei dem es nach kompositorisch atemberaubenden Bildern schnurstracks
hinabgeht.

Die gesamte Zeit auf Candyland und auch die anfänglichen Versuche Tarantinos einschließlich der "Nibelungen" Szene sind einfach zu lang.
Und ich bin gefühlte 4 mal auf das sichere Ende des Filmes gestoßen nur damit Tarantino NOCH einen draufsetzt.
Fast meint man das ihm am Ende noch so viele Ideen gekommen sind, die er dann gleich mal umsetzten wollte.

Ein großes Ganzes ist es definitiv nicht. Nur Fragmente eines Meisters der sich selbst ein bischen in Zaum halten muss


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Detlef P.
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Re: Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Detlef P. »

Hm, das ist jetzt mal eine sehr interessante und unglaublich ungewöhnliche Kritik.
Ich verstehe, was Du damit sagen willst.
Ein ähnliches Problem hattest Du ja damals auch mit "Death Proof", wo Dir das ganze Gelaber total auf den Sack ging.
Ich kann das in gewisser Weise nachvollziehen.

Bei mir kam damals der erste kleine Knick ebenfalls mit "Jackie Brown".
Ich hatte mit 14 Jahren "Pulp Fiction" gesehen und war zwar nicht DER, aber zumindest einer der ersten in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die dieses Privileg hatten.
Ich war total überwältigt von so viel Geilheit, die sich da in einem einzigen Film zusammentrug. Etwas ähnliches hatte ich zuvor selten, ich möchte fast sagen nie, gesehen.
Erst ein Jahr später sah ich mir "Reservoir Dogs" an, da der zur damaligen Zeit unheimlich schwer zu finden war (es war Anfang der 2000er Jahre, nur zur Erinnerung) und auch diesen Film sog ich einfach auf.
Und er kam mir damals schon vor wie ein Vorabwerk Tarantinos zu "Pulp Fiction". Als hätte er mit diesem Film schon mal ein bisschen "geübt", was man so alles machen kann - und den Höhepunkt dann zwei Jahre später erreicht.
Sehr bedauerlich, dass die heutige Generation diesen Film anscheinend nicht zu würdigen weiß, weil sie ihn vermutlich zu spät gesehen haben. Immer öfter höre ich, dass "Reservoir Dogs" als langweilig tituliert wird, weil da ja "nur gelabert wird".
Ich sage da nur: Ja, aber gerade deshalb ist der Film so geil! Eben weil nur gelabert wird und die 90 Minuten trotzdem wie im Fluge vergehen und der Film trotzdem völlig spannend, interessant, lustig und einfach cool ist.
Als ich dann "Jackie Brown" sah, war ich überrascht und ein wenig ernüchtert. Ich fand ihn eigentlich nicht übel.
Aber wenn Du vorher zwei dermaßen krasse Hämmer zu Gesicht bekommst, wunderst Du Dich doch ein bisschen über einen "Jackie Brown".
Dann kam ja lange Zeit gar nichts, bis 2003 dann "Kill Bill" über die Leinwände floss. Und da war es für mich erstmal vorbei.
Der erste Teil hatte zwar ebenfalls den Soundtrack, die filmtechnische Umsetzung, die Insider-Gags und teilweise auch die Dialoge des typischen Tarantino, aber irgendwie sprang da der Funke das erste Mal gar nicht über.
Ich muss dazu sagen (obwohl ihr das ja wisst), dass ich nicht auf Splatter stehe. Aber so hat es beispielsweise ein TdT von Raimi es geschafft mich mehr zu beeindrucken als Tarantino mit diesem Film.
Hier empfand ich vieles in die Länge gezogen, unnötig, langweilig. Und das sollte mit dem zweiten Teil noch schlimmer werden, den ich bis heute für mich als Tiefpunkt seiner Karriere ansehe. Beide Filme zusammengenommen, um eine Stunde gekürzt und dann als einzelner Film ins Kino, DAS hätte ein Kracher werden können.
Aber diese blöde Teilung um Geld zu machen war einfach übel. Umso bedauerlicher, dass er gerade durch diesen Film im Prinzip das erste Mal der breiten Masse vertraut wurde.
Nach "Kill Bill" sprach auf einmal jeder Hampelmann von Tarantino und er wurde dann auch gleich von den Medien zum "Hollywood-Regisseur" stilisiert, was vollkommener Käse ist. Aber das ist ein anderes Thema... .
Ich habe mir dann damals "Death Proof" gar nicht angesehen, weil ich davon ausging, dass der Zug abgefahren wäre.
Als dann "Inglourious Basterds" rauskam, war ich auch erst geneigt, den Kinobesuch auszulassen, da ich ein weiteres Fiasko erwartete.
Als ich ihn mir doch ansah, war ich so glücklich, dass er endlich zu alter Stärke wiedergefunden hatte.
Erst danach sah ich "Death Proof", den ich an sich auch nicht übel fand. Für mich etwas besser, bzw. unterhaltsamer als "Jackie Brown", aber auf keinen Fall in der Liga von PF, RD oder IB.

Auf seinen neuen Film bin ich jetzt sehr gespannt. Eigentlich wollten wir am Dienstag reingehen, sind dann aber aus verschiedenen Gründen in den neuen Spielberg reingegangen :aosjao: welcher mir auch noch gefallen hat :aosjao: :aosjao:
Aber darüber schreibe ich gleich noch.
Ich bin nach wie vor gespannt auf den neuen Tarantino und werde nächste Woche berichten können.


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"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Re: Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Damien3 »

JAAAAAAA schreib über Lincoln!
Natürlich wäre ich auch DA reingegangen WENN ER DENN AUF DORF GEPSIELT WÜRDE!
grrrrrr
Ich bin sehr gespannt drauf...


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Re: Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Damien3 »

Öhm was meinst du denn mit sehr ungewöhnliche Kritik?
Ist die nicht nach meinem Stil?
Das war komischerwiese aber nicht so beabsichtigt-)))


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Re: Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Detlef P. »

Doch, das ist schon Dein Stil.
Aber sonst bist Du entschlossener was die Filme angeht.
Bei Dir heißt es entweder "Ja" oder "Nein" und nicht "Naja, irgendwo ist der Film ganz gut, ist aber irgendwo auch zu lang." :wink:
Klingt ein bisschen so, als wolltest Du den Film eigentlich gut finden und kannst es aber auf Grund der beschriebenen Sachlage dann doch nicht so richtig.


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Re: Damiens "Django Unchained"

Beitrag von Damien3 »

Das trifft es genau-))
Er gibt halt zu viele gute einzelne Szenen die so guuuut sind....


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