Ein eigenständiger Tornatore - oder wieder nur eine Kopie?

Die Legende vom Ozeanpianisten

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Moderator: Damien3

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Voland
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Ein eigenständiger Tornatore - oder wieder nur eine Kopie?

Beitrag von Voland »

Ist es möglich, dass ein Mann sein gesamtes Leben auf einem Schiff verbracht, es nie verlassen hat? Ein Mann, der nirgendwo existiert, in keinem Land gemeldet ist und doch die Welt wie seine Westentasche kennt?

Auf der „Virginia“ sucht, wie immer nach Anlegen des Schiffes, der Maschinist Danny Boodman den Boden des Festsaales nach Wertgegenständen ab, in der Hoffnung sein spärliches Gehalt aufbessern zu können. Als er sich eines Tages wieder einmal auf die Suche macht, findet er das vielleicht wertvollste, dass es auf der Welt gibt – ein kleines Baby, aufbewahrt in einer Schachtel, beschriftet mit „T.D. Lemon“.
Er nimmt das Baby auf, gibt ihm den Namen Danny Boodman T.D. Lemon Novecento und bietet ihm ein Leben, so gut es ihm möglich ist. Dem Jungen mangelt es nicht an Liebe und nötiger Erziehung. Doch als der Maschinist stirbt, geistert der Junge alleine durch das Schiff.
Begeistert vom Klavier, entdeckt er die Liebe zur Musik und vermag es wie kein anderer auf den Tasten zu spielen.
Er lässt sich von den Menschen auf dem Schiff von der Welt erzählen, doch er verlässt nie das Schiff. Doch die Menschen gehen nicht an ihm vorüber, ohne ihn nicht zu berühren. Denn die Musik ist doch nicht alles in seinem Leben. Ein menschliches Wesen braucht mehr, als nur Tasten und die Musik...

Giuseppe Tornatore scheint zwischen zwei Welten zu stehen. Auf der einen Seite die Verpflichtung, die er Hollywood gegenüber hat, auf der anderen Seite seine Herkunft mit all seinen Vorbildern. Es ist bestimmt nicht leicht, den Konflikt in ihm zwischen Liebhaberkino und Kommerzkino zu meistern. Man kann in dem Film beide Einflüsse bemerken und es ist schön zu sehen, dass die Liebe zum Film doch noch die Überhand gewinnt.
Nicht nur die Explosion des Schiffes ist eine typische Darstellung des Kommerzkinos, sondern auch das unnötige Hinzufügen von Händen beim Klavierspielen.
Der Film ist von heutzutage seltener Traurigkeit bestimmt und vermag den Zuschauer bis in den kleinsten Winkel seines Herzens zu berühren. Diese Dramatik ist in letzter Zeit immer mehr in eine „Tränenzieherei“ ausgeartet und hat bei den meisten Filmen lange nicht den Effekt, der in diesem Film präsentiert wird.
Ennio Morricone hat wie gewohnt eine Glanzleistung mit seiner musikalischen Untermalung der Bildkomposition Tornatore’s vollbracht.

Der Film kann die Ursprünge des Regisseurs nicht leugnen und wurde glücklicherweise größtenteils vom Einfluss der neuen Kinofilmgeneration verschont.


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