Amerikanische Fiktion

American Fiction

Hier kann man sich über Filme unterhalten, die zur Zeit oder bald im Kino laufen oder auf Streaming-Plattformen veröffentlicht werden.

Moderator: Detlef P.

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Detlef P.
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Amerikanische Fiktion

Beitrag von Detlef P. »

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USA, 2023
Regie: Cord Jefferson
Darsteller: Jeffrey Wright, Erika Alexander, Sterling K. Brown, John Ortiz, Leslie Uggams, Myra Lucretia Taylor, Raymond Anthony Thomas, Issa Rae, Tracee Ellis Ross, Adam Brody

"Der aus Boston stammende Thelonious Ellison, genannt „Monk“ (dt.: „Mönch“), ist Hochschulprofessor für englische Literatur. Auch gilt er als angesehener Autor. Zusehends zeigt sich Monk aber gereizt gegenüber den kulturellen Sensibilitäten, die seine Studenten an den Tag legen. Dies droht, sein akademisches Ansehen zu gefährden. Gleichzeitig wird sein neuester Roman von vielen Verlagen abgelehnt. Monk erhält die pauschale Antwort, dass seine Erzählung „nicht schwarz genug“ sei.

Monk nimmt nach den Misserfolgen an einem Literaturfestival in seiner Heimatstadt teil. Dort erzielt das Romandebüt We’s Lives In Da Ghetto große Beachtung und avanciert zum Bestseller. Monk selbst tut sich schwer mit dem Buch. Er stempelt es als Erzählung für Leser ab, die sich an stereotypen Geschichten über das Elend der Afroamerikaner ergötzen wollen. Zur gleichen Zeit erkrankt Monks Mutter schwer und benötigt intensive Pflege. Weder sein gescheiterter Bruder Clifford noch er können die Rechnungen für ihre Versorgung bezahlen. In einem Anfall von Gehässigkeit verfasst Monk eines Nachts unter Pseudonym einen Roman, der alle Schwarzen-Klischees vereint, die er sich nur vorstellen kann. Die Veröffentlichungsrechte an dem Manuskript werden auf der Stelle von einem angesehenen Verlag gekauft. Monk erhält daraufhin den größten finanziellen Vorschuss, den er jemals gesehen hat. Während das Buch kurz vor der Veröffentlichung steht und die Filmrechte in Hollywood schon kräftig umworben werden, gerät Monk in einen Gewissenskonflikt." (www.wikipedia.de)

Endlich wurde der Film diese Woche auch hier veröffentlicht.
Leider nur bei einem Streamer und nicht auf der großen Leinwand. Aber immerhin... !

Und ich kann sagen, dass ich lange keine so scharfzüngige Satire mehr gesehen habe.
Es handelt sich hier nicht nur um einen Kommentar zum aktuellen Zeitgeist, wo bestimmte Gruppen vermeintlich zu wissen glauben, wie konkret andere Ethnien repräsentiert werden sollten, sondern zusätzlich auch um eine wunderbare Entlarvung sogenannter Kritiker, die sich mit fiktiven Werken auseinandersetzen und diese einordnen und bewerten.
Insgesamt also ein durchaus vielschichtiger, aber auch provokanter Film, der sich sehr mit "schwarzer Identität" in den Vereinigten Staaten befasst und mit Sicherheit dazu in der Lage ist, einige Kontroversen auszulösen.

Gerade das mag ich aber so sehr, denn hier wird kein Blatt vor den Mund genommen und die Scheinheiligkeit als das offen gelegt, was sie nun einmal ist.
Zugleich sind die von der Hauptfigur Monk kreierten Textpassagen zum Teil so unfassbar komisch, da absichtlich schlecht und klischeehaft geschrieben, dass ich mich an einigen Stellen wirklich kaputt gelacht habe.
Dass man dann am Ende auch noch auf die Metaebene geht und dem Publikum quasi noch dem Spiegel vorhält, ist dann schließlich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen und hätte genialer kaum gelöst werden können.

Aber auch schauspielerisch ist der Film top besetzt.
Jeffrey Wright glänzt in seinem zurückhaltenden Spiel gerade zu, da man trotz allem seinen Ärger und seine Wut über das System spüren kann.
Er wurde ja auch, genauso wie ein ebenfalls wirklich guter Sterling K. Brown, für den diesjährigen Goldjungen nominiert.
Darüber hinaus war ich noch sehr von John Ortiz überrascht, den ich zwar schon mehrfach in diversen Werken gesehen hatte, er mir aber noch nie so positiv aufgefallen war wie hier.

Nachdem ich ihn jetzt endlich gesehen habe, hoffe ich doch sehr, dass er es eventuell doch noch schafft, "Oppenheimer" in der Drehbuch-Kategorie bei den Oscars zu schlagen.
Momentan ist es ja ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden.
Und wenn es schon nicht "Poor Things" wird, der es am allermeisten verdient hätte, dann doch bitte diese großartige, zeitaktuelle Posse.
Wir werden sehen... .


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"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

Las-Vegas-Ambiente :fuckU: (Insider)
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