Murillo Breaking the Waves

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Moderator: Damien3

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Murillo
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Murillo Breaking the Waves

Beitrag von Murillo »

Der bislang älteste Film von Lars von Trier, den ich jetzt kenne (abgesehen von der Serie "Geister")

Ich habe mir den Film heute auf VHS aus der Bibliothek ausgeliehen und bin schon mit sehr hohen Erwartungen an diesen Film rangegangen, da ich "Dogville", aber auch "Idioten" von von Trier super fand (letzterer gilt ja als einer seiner schlechteren Filme).
Die Erwartungen waren wie gesagt überaus hoch und ich war mir sicher, dass diese zutiefst enttäuscht werden würden. Doch ich habe meine Rechnung ohne die Überraschungskünste von Lars von Trier ( :huld: :huld: :huld: ) gemacht.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es ist sehr schwierig, die richtigen Worte zu diesem absoluten Meisterwerk zu finden. Es hat mich lange kein Film mehr dermaßen umgehauen. Man merkt es mir vielleicht an, dass ich überaus euphorisch bin. Eigentlich wollte ich nach dem Film schlafen gehen, weil ich morgen früh raus muss, aber das kann ich einfach nicht.

Also gut, komme ich mal endlich zur Sache:
Emily Watson ist wirklich ideal besetzt. Sie spielt die schizophrene Geisteskranke mit solch einer beängstigenden Wucht, dass ich mich frage, wie ihr geistiger Gesundheitszustand in der Realität ist. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das gespielt ist. Diese Mimik und die Animécharakter-Augen.
Die Dorfbewohner mit ihrem christlichen Wahn und besonders die Kinder, die nachher die Protagonistin steinigen (:mrgreen: ) kamen so real rüber, dass ich schon Wut auf die Schauspieler bekam.
Udo Kier (der in von Triers Filmen ja eh zum Inventar gehört :lol: ) hatte ich zuerst gar nicht erkannt. In seiner leider recht kleinen Rolle, war er jedoch wie gewohnt spitze.
Der Soundtrack war ebenfalls klasse. Anstelle von Orchestermusik gibt es Musik nur in den Kapiteleinblendungen. Die Tracks sind sehr gut gewählt. Diese psychedelischen Kulissen, die dabei im Hintergrund zu sehen waren haben ideal dazu gepasst.
Ich bin absolut begeistert von diesem Film. Ich werde ihn mir sobald wie möglich nochmal ansehen müssen (aber nicht heute nacht, obwohl ich dazu jetzt echt Lust hätte) und gebe ihm erstmal stolze
9/10 Punkten.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
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Voland
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Beitrag von Voland »

9 Punkte sind eine gute Wahl. Die 10 hat er nämlich leider nicht erreicht, obwohl er sehr sehr bewegend war. Er hatte mehr Intensität als fast alle anderen Filme seiner Zeit. Du hast den Film an sich schon gut beschrieben.

Was mich jedoch ein wenig stört ist dieser zwanghafte Low-Budget-Stil. Klar, Dogma und der Kram, ist mir schon klar. Aber das alles wird mir zu konsequent durchgezogen. Das ist dann teilweise fehl am Platz, weil es nicht immer zum Film passt. Das ist aber eher nebensächlich.

Der Film ist klasse, da gibt es keinen Zweifel. Von Trier kenne ich sonst ja nur noch "Dancer in the Dark" - der mir ein wenig besser gefiel. Ich mag die Musik von Björk (sonst würde ich dieses Musical wohl verabscheuen *g*) ;-)


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Murillo
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Beitrag von Murillo »

in diesem Film wird der Dogmastil aber nicht konsequent durchgezogen. Der erste richtige Dogmafilm war 1997 "Das Fest", also ein Jahr nach "Breaking the Waves", aber hier werden die Regeln doch schon mehr als deutlich.
Von Trier hat einmal gesagt, er hätte seine Filme eh immer nach den "Dogma"-regeln gemacht, man bräuchte sie nicht zu manifestieren um einen Dogmafilm zu machen.
Nach dem Dogma-Manifest verstößt "Breaking the Waves" allerdings gegen die Dogmaregeln:
Z.B:
"Du sollst den Ton nicht separat von den Bildern produzieren. Schauspieler darf man nur im O-Ton hören. Musik darf man nur verwenden, wenn sie am Drehort live während der Filmaufnahme gespielt wird. "
Deshalb würde ich diesen Film nicht als Dogmafilm ansehen, obwohl er einem solchen doch schon sehr nahe kommt.

Nun gut, ich persönlich fand diese Dogmasache, auch wenn sie nicht konsequent war
:mrgreen: , nicht fehl am Platz. Sie war mir an den meisten Stellen gleichgültig. Da ist es dann einfach egal ob der Film mit Handkamera gedreht wurde oder nicht.
Er lebt in diesem Fall von der Handlung und den Schauspielerleistungen.


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Voland
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Beitrag von Voland »

Kenne mich mit den Regeln des Dogma-Krams nicht aus, aber ich empfand es so, wie ich sagte. Es ist natürlich durchaus möglich, dass mich mein Gedächtnis täuscht. Wäre ja nicht das erste Mal *g*.

Mir ist es im Grunde auch egal, wenn mit Handkamera gedreht wird. Mir ist es sogar egal, wenn Fassbinder mit seiner absolut fixen Kamera kommt. Die wackelt nicht mal einen Millimeter! Aber ich fand es ein wenig hektisch, auch ein wenig "zu nahe am Geschehen". Es wirkte schon ein wenig gekünstelt. Hoffe das ist jetzt das richtige Wort dafür und Du weißt was ich meine. Ich bin da ein wenig kritisch bei Filmen, habe eine eigenartige Auffassung und keinen roten Faden - ich bewerte mit dem Bauch sozusagen ;-)


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Murillo
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Beitrag von Murillo »

Das tue ich ebenso.
Naja, Dogma ist halt ein sehr komplexes Thema. Dzu müssen wir mal einen Thread aufmachen. Aber nicht mehr heute. :wink:


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Beitrag von Voland »

Ich habe mich stets nur um die Filmgeschichte gekümmert, sodass alle neuen Richtungen und Filme für mich ein chinesisches Dorf darstellen. Ich könnte zur Dogma-Kultur ohnehin nicht viel beitragen. ;-)

Ansonsten hätte ich kein Problem bis morgen früh hier zu schreiben. Ich habe so viel Koffein in mir wie schon lange nicht mehr - und das will abgebaut werden. *g*


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Fand den Film nicht schlecht. Allerdings habe ich mir den Film ein bisschen extremer vorgestellt.
Die Schauspieler sind trotzdem wirklich hervorragend und der Film an einigen Stellen doch ganz schön krank.
7/10 Punkte

P.S.: "Das Fest" ist von 1998!


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