Licorice Pizza
Verfasst: Sa 12. Mär 2022, 20:50

USA/CA, 2021
Regie: Paul Thomas Anderson
Darsteller: Alana Haim, Cooper Hoffman, Benny Safdie, Skyler Gisondo, Mary Elizabeth Ellis, Sean Penn, Tom Waits, Bradley Cooper, John Michael Higgins, Christine Ebersole, Harriet Samson Harris, Moti Haim, Donna Haim, Este Haim, Danielle Haim
"Der 15-jährige Gary Valentine (Cooper Hoffman) wohnt im San Fernando Valley im Norden von Los Angeles und begegnet der 25-jährigen Alanna (Alana Haim) als an seiner Highschool Fotos gemacht werden. Er soll als Schüler vor die Kamera, sie hilft beim Fotografieren als Assistentin aus. Obwohl sie seine Annäherungsversuche erst ausschlägt, entsteht schließlich doch eine Freundschaft zwischen den beiden.
Als Gary seinen Traum Schauspieler zu werden verfolgt und zu einem Vorsprechen geht, begleitet Alana ihn als Aufsichtsperson. Die Welt verändert sich langsam politisch und kulturell um sie herum. Zwischen Wasserbett-Verkäufen und neuen Chancen in Hollywood begegnen sie Persönlichkeiten des Filmgeschäfts und navigieren sich durch die Stolperfallen der Liebe." (www.moviepilot.de)
Eineinhalb Wochen ist es bereits her, dass ich mir den neuen Film von Paul Thomas Anderson im Kino angesehen habe.
Seine letzten zwei Filme hatte ich übersprungen, sodass mein letzter Film, den ich von ihm gesehen hatte "The Master" vor ungefähr zehn Jahren gewesen ist.
Seit ich den Film gesehen habe, habe ich fast jeden Tag über ihn nachgedacht.
Es ist wirklich völlig irre und ich habe so etwas selten erlebt.
Ich kann genau sagen, dass der Film wirklich gut war. Aber ich kann nicht exakt definieren WARUM er so gut war.
Normalerweise kann ich die Qualität eines Films immer auf etwas bestimmtes runterbrechen.
Die Story, die Dialoge, die Schauspieler oder oder oder. Zumeist sind es zwei oder drei Dinge in Kombination.
Hier kann ich es nicht. Zumindest nicht wirklich.
Die Dialoge sind nicht schlecht, reißen einen aber nicht komplett vom Hocker.
Die Schauspieler passen wirklich gut in ihre Rollen und ich würde mir für keine der Figuren eine andere Besetzung wünschen, aber absolute Glanzleistungen sind jetzt auch nicht dabei.
Und storytechnisch gewinnt der Film nicht mal einen Pflanztopf, geschweige denn einen Blumentopf.
Was macht den Film also verdammt noch mal so gut?
Wenn ich nun mit etwas Abstand auf den Film blicke, ist es zum einen die wirklich grandiose Atmosphäre, die der Film ausstrahlt.
Er atmet mit seiner Ausstattung, seinen Kostümen und den leicht grobkörnigen Kamerabildern regelrecht die 70er Jahre.
Zum anderen sind es viele grandiose Momente, die am Ende das Ganze ergeben, was "Licorice Pizza" so ungewöhnlich macht.
Drei Momente sind mir besonders im Gedächtnis geblieben.
Die erste ist die, wo Alana Gary das erste Mal ihre Brüste zeigt. Wie die ganze Szene ausgespielt wird, ist herrlich und ich hätte mich fast kaputtgelacht, weil ich so etwas wunderbar bescheuertes selten gesehen habe.
Die zweite Szene ist ein echter Kunstgriff, bei der einem der Mund offen stehen bleibt.
Alana und Gary liegen gemeinsam auf einem Wasserbett und man sieht aus dem Wasserbett durch den Stoff hindurch gefilmt wie sich ihre Hände ganz langsam annähern und dazu "Let Me Roll It" und Paul McCartney and Wings gespielt wird.
In der dritten Szene sehen wir Alana und Gary wie sie mit einem riesigen, vollbeladenen Lastwagen rückwärts und ohne(!) Sprit einen ewig steilen Abhang in den Hollywood Hills herunterbrettern. Und bei der Szene fiebert man einfach richtig mit und die Spannung steigt von Sekunde zu Sekunde immer mehr an.
Im Rahmen von Szene 3 hat übrigens Bradley Cooper einen super Auftritt als Produzentenmaniac Jon Peters, den es ja tatsächlich gegeben hat, bzw. immer noch gibt und über den Kevin Smith mal eine megageile Geschichte erzählt hat, als dieser angeheuert wurde, das Drehbuch zur geplanten (aber nie umgesetzten) Comic-Verfilmung "Superman Lives" mit Nicolas Cage zu überarbeiten.
Zu finden ist diese Geschichte übrigens auch hier im Forum.
Ich finde es wirklich imposant, dass jemand einen Film tatsächlich nur mit Atmosphäre und ganz vielen Momenten füllen kann und dieser - trotz der über zweistündigen Laufzeit - zu keiner Zeit langweilig wird.
Anderson hat diesen Film als Hommage an seine Kindheit und Jugend gedreht, wozu der Fokus auf Ambiente und einzelne Szenarien auf jeden Fall passt.
Viele Ideen beruhen auch auf eigenen Erfahrungen oder auf Erfahrungen von Freunden und Bekannten.
Außerdem wirkten auch ganz viele Leute aus dem Familien- und Freundeskreis vor und hinter der Kamera mit.
Scheint ein wirklich sehr persönlicher Film gewesen zu sein.
Auf jeden Fall ist es ein wirklich grandioses Stück Kino, das einen völlig in diese Welt eintauchen lässt.
Und, ganz ehrlich, ich wäre sogar sehr gerne noch länger dageblieben.