Babylon - Rausch der Ekstase
Verfasst: Mi 18. Sep 2024, 17:28
USA, 2022
Regie: Damien Chazelle
Darsteller: Brad Pitt, Margot Robbie, Diego Calva, Jean Smart, Jovan Adepo, Li Jun Li, Olivia Hamilton, Tobey Maguire, Lukas Haas, Max Minghella
"Die Geschichte des Kinos ist ein ständiger Wandel und die Technik entwickelt sich immer weiter. Manny Torres (Diego Calva), ein ehrgeiziger Schauspieler und Sohn mexikanischer Einwanderer, erlebt diesen Fortschritt hinter den Kulissen der Traumfabrik mit eigenen Augen. Doch es bahnt sich eine tiefe Krise für etablierte Stars wie Jack Conrad (Brad Pitt) oder aufstrebende Sternchen wie Nellie LaRoy (Margot Robbie) an, denn der Tonfilm steht vor der Tür. Die größten Stars der Branche müssen um ihre Karriere fürchten, während Jazz, opulente Partys, Sex, Drogen und Alkohol Hollywood immer noch immer fest im Griff haben. Die Epoche, in der das Kino das Sprechen erlernt hat, ist für viele Schauspieler*innen eine Zeit des Abschieds. Vor allem, wenn es mit dem Geld knapp wird, können es auch Publikumsmagneten wie Nellie LaRoy nicht vermeiden, sich mit fadenscheinigen Gestalten einzulassen – und plötzlich geht es nicht nur vor der Kamera um Leben und Tod..." (www.filmstarts.de)
Ich hatte sowieso vorgehabt mir den Film mal anzusehen, auch wenn ich Chazelle ja etwas überschätzt finde, wie ich schon einmal erwähnte.
Aber Arbeiten über die Filmindustrie finde ich grundsätzlich immer interessant.
Trotzdem schob ich den immer etwas vor mir her. Erstens wegen Chazelle und zweitens wegen der Laufzeit von etwas über drei Stunden.
Bis mir vor einigen Wochen mein guter Kumpel aus den USA mitteilte, wie geil er den Film fand und dass das quasi die "gute" Version von "Once Upon a Time in Hollywood" (bezogen auf den zum Teil gleichen Cast und den Blick hinter die Kulissen Hollywoods) wäre.
Er meinte, dass ich diesen auf jeden Fall präferieren sollte, was ich dann auch getan habe.
Und ich muss sagen, dass er größtenteils wirklich recht hatte.
Auch wenn ich "Once..." nie so grottig fand, wie viele andere, blieb er doch hinter den Erwartungen zurück und konnte erst in den letzten 15 Minuten wirklich aufdrehen, als das ebenfalls dreistündige Werk fast schon vorbei war.
Bei "Babylon" ging mir die erste halbe Stunde etwas auf den Sack, weil es da eine scheinbar nicht enden wollende Hollywoodparty zu bestaunen gibt, auf der sich alle der vollkommen übertriebenen Ekstase (daher vermutlich auch der tolle deutsche Zweittitel, über den sich gerade Muri wohl wieder sehr freuen wird ) hingeben.
Aber danach wird der Film richtig gut und man bekommt einen zwar immer überspitzten und klar satirisch gemeinten, aber ungemein unterhaltsamen und interessanten Blick in die sogenannte Traumfabrik zur Zeit des Umbruchs vom Stumm- in den Tonfilm geliefert.
Zwar ist die Story sehr schnell und überdreht erzählt, aber dafür kommt bis zum Ende auch keine Langeweile auf.
Die opulente Inszenierung, die hervorragenden Darsteller sowie die vielen Cameos bringen die Sache dann endgültig zu einem runden Abschluss.
Merkwürdigerweise waren die Kritiker damals gar nicht wohlwollend und der Film floppte dann nicht nur an den Kinokassen (was man sogar noch irgendwie verstehen kann), sondern er bekam, wider Erwarten, auch nur ein paar Oscar-Nominierungen für die unwichtigen Trostpreise.
Den Furoren, die "Babylon" vor dem Kinostart gemacht hatte, konnte er letztendlich nicht standhalten.
Sehr schade, denn ich fand ihn - trotz der extremen Überlänge - richtig klasse und hatte, nach dieser etwas nervtötenden Party am Anfang, wirklich viel Spaß damit.
Ist fast schon ein kleiner Geheimtipp, da der doch überraschend schnell in Vergessenheit geraten ist und eigentlich niemand mehr darüber redet.
Umso stärker möchte ich insistieren, diesem in meinen Augen bisher besten Film von Chazelle mal eine Chance zu geben.
Gerade als richtiger Cineast (was wir wohl alle hier sind), kann man viel Freude damit haben.