Seite 1 von 1

Sprich mit ihr

Verfasst: Fr 25. Nov 2005, 12:58
von Detlef P.
[img]http://www.filmspiegel.de/filme/sprichmitihr-hableconella/poster.jpg[/img]

E, 2002
Regie: Pedro Almodóvar
Darsteller: Javier Cámara, Dario Grandinetti, Leonor Watling, Rosario Flores

"Inhalt

"Sprich mit ihr " erzählt die Liebesgeschichten zweier ungewöhnlicher Paare. Marco (Dario Grandinetti) ist Journalist und verliebt sich bei einem Artikel über die Stierkämpferin Lydia (Rosario Flores ) in seine Interviewpartnerin. Beide werden ein Paar, doch kurze Zeit später wird die Torera bei einem Kampf so schwer verletzt, dass sie ins Koma fällt.

In der Klinik trifft Marco auf den Pfleger Benignio (Javier Cámara ), der sich schon seit vier Jahren aufopferungsvoll um die junge Alicia (Leonor Watling) kümmert, die ebenfalls in einem Wachkoma liegt. Die beiden Männer werden schnell Freunde, wobei auch Marco von der schlafenden Schönheit Alicias angezogen wird. Eines Tages passiert das Unerklärliche. Alicia ist schwanger und Benignio ist der Hauptverdächtige.


Kritik

Man könnte sagen, Pedro Almodovár hat mit "Sprich mit ihr " einen Film gedreht, der als Kontrapunkt zu seinem Vorgängerwerk "Alles über meine Mutter " gesehen werden kann. Waren dort die Frauen im Mittelpunkt, und wie sie ihre Probleme mit dem anderen Geschlecht bewältigen, so ist es in Sprich mit ihr genau umgekehrt. Almodóvar gibt den „Beziehungen“ der beiden Paare am Beginn des Filmes mehr Raum, nur um dann ab der Hälfte den Fokus voll auf die Männerfreundschaft zu stellen.

Im Gegensatz zu Alles über meine Mutter inszeniert der spanische Regisseur diesmal dazu noch viel leichter und weniger bedeutungsschwanger. Recht nüchtern werden die Geschichten der Paare in Rückblenden erzählt und erklärt, Emotionen gehen dabei von den Hauptdarstellern und nicht vom Regisseur aus. Und diese Darsteller sind einfach nur als spitze zu bezeichnen. Marco als trauriger Mann, der von seiner Ex verlassen wurde und in Lydia eine neue Flamme gefunden hat, die ihm später doppelt weggerissen wird, ist wohl einer der schönsten Kinocharaktere der letzten Jahre. Er spielt den Mann, der zwar bei einer Theateraufführung weinen, aber dafür nicht mit seiner im Koma liegenden Frau sprechen kann. Genau das Gegenteil ist Benignio. Ein eher gefühlvoller, weiblicher Charakter, der aus seiner Liebe zu Alicia kein Geheimnis macht. Er gehört zu denen, die glauben, dass der Komapatient doch einiges von seiner Außenwelt wahrnehmen kann und dementsprechend verhält er sich auch. Auch sein Charakter ist trotz des späteren Verlaufs des Filmes immer sympathisch und verständlich dargestellt. Er ist ein einsamer junger Mann, der nur eines will: Alicia.

Die Frauenrollen sind hier eigentlich nur „Stichwortgeber“ für die Probleme der Männer. Sie dienen als Grund, warum die Freundschaft zwischen den beiden Hauptakteuren entsteht. Und all das wirkt angesichts der eigenartigen Story völlig normal und natürlich. A propos eigenartig: Jetzt schon berühmt ist die Stummfilmsequenz, die als Erzählung Benignios während der Schlüsselszene des Filmes gezeigt wird. Almodovár beweist hier extremes Geschick in der Andeutung des Geschlechtsaktes durch die Geschichte des schrumpfenden Mannes, der (schwere Analyse des Mannes allgemein – Mutti, ich komme) im Schoß seiner Liebe verschwindet und nie mehr auftaucht.

Wahrscheinlich erwartet man sich beim Durchlesen der Inhaltsangabe von Sprich mit ihr ein schwer zu ertragendes Melodram. Almodovár inszeniert diesen Film aber mit einer nüchternen Leichtigkeit, dass einem der Mund offen steht. Und ganz nebenbei schafft er es, jede Figur für den Zuschauer interessant und verständlich zu präsentieren. Hut ab.

Fazit: Noch nie hat etwas so Schweres so leicht geschmeckt." (www.25frames.org)

Mir ist gerade aufgefallen, dass es noch keinen Film von Pedro Almodóvar in diesem Forum gibt. Das muss sich natürlich sofort ändern.
Deshalb stelle ich hier mal seinen mit Abstand besten aber auch ungewöhnlichsten Film vor.
Wo es in seinen früheren Filmen immer laut und bunt zuging und sie von Schwulen und Transsexuellen handelte, geht es hier um zwei heterosexuelle Männen deren angebetete Frauen im Koma liegen und sie sich auf Grund dessen kennen lernen und anfreunden.
Ein wunderschöner, sehr menschlicher Film!

Verfasst: Fr 25. Nov 2005, 13:09
von Murillo
Einer von immerhin drei mir bsiher bekannten Filmen Almodovars. Wesentlich (!) besser als "La mala educación", aber meiner Meinung nach nicht ganz so gut, wie "Kika".

Verfasst: Fr 25. Nov 2005, 13:32
von Detlef P.
Tja, wenn man eher auf so "kranke" Filme steht, dann gefällt einem "Kika" natürlich besser :lach:

Verfasst: Fr 25. Nov 2005, 13:55
von Naota
Kenne diesen Film bisher leider noch nicht, aber die zwei Almodóvars, die ich bisher gesehen habe gefielen mir ausgesprochen gut. "La Mala Educación" fand ich ganz hervorragend. Schöne Farben, schöne Musik, hervorragende Darsteller und eine gewisse Kritik an der katholischen Kirche war definitiv nicht zu übersehen. "Alles über meine Mutter" war vielleicht sogar noch einen Ticken besser, denn der Film war einfach noch tiefer, emotionaler und "unter-die-Haut-gehender".
Muss mir wohl "Sprich mit ihr" unbedingt auch mal ansehen...

Verfasst: Fr 25. Nov 2005, 14:24
von Detlef P.
Hm, gerade "La mala Educación" halte ich für seinen mit Abstand schlechtesten Film überhaupt.
Aber darüber können wir uns im Almodóvar-Thread weiter unterhalten, wenn du magst:

http://www.ufc-filmforum.de/viewtopic.php?t=707