
HU/D/I/F, 2000
Regie: Béla Tarr
Darsteller: Lars Rudolph, Peter Fitz, Hanna Schygulla, János Derzsi, Djoko Rosic, Tamás Wichmann, Ferenc Kállai, Mihály Kormos
"Es ist Winter in einer ungarischen Kleinstadt, als sich ein Wanderzirkus der Ortschaft nähert. Seine Hauptattraktionen sind ein ausgestopfter Wal und ein sagenumwobener Herzog. Schon vor der Ankunft des Zirkus ranken sich Gerüchte um das Unheil, welches er mit sich bringen soll. Begleitet von einer enormen Menschenmasse aus den umliegenden Dörfern kehrt der Zirkus auf dem Marktplatz der Kleinstadt ein. Die Obrigkeit des Ortes sieht in den Attraktionen eine Bedrohung ihrer Ordnung. Nur János erkennt, dass die wahre Bedrohung nicht von dem ausgestopften Wal ausgeht, sondern lediglich von den aufrührerischen Worten des Herzogs, denn die mitgereisten Menschen verfallen ihnen. Blinde Wut macht sich unter ihnen breit und entlädt sich an der Bevölkerung der Kleinstadt. Erst mit Hilfe eines militärischen Kommandos kann die Gewalt gestoppt werden." (www.filmportal.de)
Dieser Film ist kalt! Dieser Film ist wie das Leben! Dieser Film IST... das Leben!

Es handelt sich bei diesem Film definitiv um einen nicht leicht zu ergründenden, sondern eher schwer zu interpretierenden Kinokoloss, der einen beinahe ähnlich ratlos zurücklässt, wie der Wal die Dorfbewohner im Film.
Schon sehr lange wollte ich diesen Film sehen, nachdem ich vor etlichen Jahren schon einmal davon gehört hatte - und vor einigen Wochen war es dann endlich soweit.
Das interessante bei diesem Film ist definitiv - neben der sperrigen und schwierig zu ergründenen Bedeutung der Geschichte - die formal strenge Machart des Regisseurs Béla Tarr.
Der ganze Film kommt, obwohl er fast zweieinhalb Stunden geht, mit lediglich insgesamt 39 Kameraeinstellungen aus. Es gibt also häufig viele Kamerafahrten und Plansequenzen, von denen einige gar über 10 Minuten dauern.
Und ich muss zu meiner tiefen Schande gestehen, dass ich während des Films versucht habe, die Einstellungen mitzuzählen.
Während es mir damals bei Tarrs "Der Mann aus London", meinem bis vor kurzem einzigen, gesehenen Film von ihm, gelungen war, habe ich hier tatsächlich nur 37 Einstellungen zählen können.
Ich werde vermutlich an zwei Stellen die Übergänge nicht gesehen oder mitgezählt haben. Zwischendrin hatte ich auch einmal das Gefühl, mich verzählt zu haben.
So ein Mist!


Auch bei der Ergründung der Handlung viel es mir schwer, eine Interpretation zu finden, auch wenn einige Dinge auf den ersten Blick offensichtlich erscheinen.
Aber irgendwie heben sich diese dann immer mit anderen Elementen des Films gegenseitig auf.
Daher habe ich nach Interpretationen im Internet gesucht und festgestellt, dass eigentlich alle genauso ratlos sind, wie ich

Béla Tarr selbst soll gesagt haben, dass der Film einen historischen Prozess thematisiere, der prägend für das Osteuropa der letzten zwei Jahrhunderte gewesen sei.
So etwas ähnliches hatte ich mir auch gedacht. Allerdings habe ich keine Interpretation gefunden, die näher darauf eingeht.
So bleibt einem am Ende lediglich selbst, die Gedankengänge und Intentionen der einzelnen Charaktere herauszuarbeiten.
Diese scheinen sich an einigen Stellen zu widersprechen, bzw. sind teilweise schwer in Einklang miteinander zu bringen.
Aber vielleicht liegt genau dort das Geheimnis des Films. Er zeichnet die Komplexität des menschlichen Gemüts so deutlich in seiner existierenden Widersprüchlichkeit ab, da es gar nicht möglich ist, diese in seiner Einfachheit abzubilden.
Eben deshalb, weil diese Einfachheit schlicht nicht vorhanden ist. Die Natur des Menschen ist vielschichtig, eigensinnig und oft schwer zu verstehen.
Genauso wie dieser Film!