München ist eine wunderbare Stadt. Eine Insel der Sozialdemokratie im Freistaat Bayern mit sehr vielen netten Menschen, reichhaltigen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Tausenden wunderbarer Biergärten und nicht zuletzt einer herausragenden Architektur. Ihr Flair macht München zu einer der schönsten Städte Deutschlands, die auch ich immer mal wieder gerne besuche.
Wie kann man sich nun erdreisten, einen Film, der von Mossadagenten handelt, die Beteiligte an einem Terroranschlag töten wollen, die zufällig in dieser Stadt ihr Unheil verrichteten, einzig und allein nach dieser Stadt zu benennen?
Da frage ich mich doch zuerst: Ist Spielberg jemals dort gewesen? Ist er etwa der Ansicht, dass der Name der Stadt grundsätzlich mit den dortigen Anschlägen zu assoziieren sei?
Ein Schlag ins Gesicht eines jeden Einwohners dieser Stadt! Was soll das?
Nun wollte ich mich aber doch noch erbarmen, dem Film eine Chance zu geben, schließlich würde es mich auf Grund meiner Kinogutscheine nichts kosten. Meine Erwartungen waren niedrig, würde die Qialität des Filmes es ebenso sein? Man darf gespannt sein....*trommelwirbel*
Nun zum Inhalt:
Die Geiselnahme, die 1972 im Münchener Olympiadorf von palästinensichen Attentätern an israelischen Sportlern verrichtet worden war und auf Grund der gescheiterten Gegenmaßnahmen deutscher Sicherheitsbehörden ein blutiges Ende nahm, ist nicht das eigentliche Thema dieses Filmes. Die Motive der Attentäter bleiben ebenso ungenannt, wie der genaue Ablauf der Tat und wird in den Zweieinhalb Stunden dieses Films höchstens 15 Minuten lang behandelt, davon größtenteils in den Rückblenden des Hauptdarstellers (Eric Bana), der selber gar nicht dabei war (!!!), jedoch scheinbar über jedes Detail bescheidweiß. Die Situationen, in denen diese Rückblenden erfolgen sind darüberhinaus komisch gewählt. Die Szene, in der der Hauptdarsteller beim Sex mit seiner Frau die Eskalation der Geiselnahme mit der Explosion des Helikopters vor Augen hat, dürfte als eine der lächerlichsten Szenen überhaupt in die Filmgeschichte eingehen...
Das eigentliche Thema dieses Filmes umfasst eine der ersten Gegenmaßnahmen des israelischen Nachrichtendienstes Mossad, der ein Exekutionskommando nach Europa entsendet, um die dort untergetauchten Drahtzieher, sowie den vermeintlichen Hauptverantwortlichen des Attentates zu liquidieren.
Mein absolutes Lieblingszitat aus dem Film:
"Wir müssen denjenigen finden, der 'München' geplant hat, und ihn umbringen"

Nach und nach gelingen die Exekutionen dann auch, bevor das Eingreigen diverser Geheimdienste und Gewissenskonflikte einzelner Mossadagenten dazu führen, dass die Mission immer mehr aus den Rudern läuft und ein Agent nach dem anderen selber dran glauben muss.
Situationskomik und Slapstick dürfen in einem Film von Spielberg natürlich nicht fehlen.
So wünscht einer der Drahtzieher seinem Attentäter eine gute Nacht, bevor er im Bett in die Luft gesprengt wird und sein Arm nachher noch im Ventilator rumwirbelt.
So macht der Bombenbauer des Exekutionskommandos (Das "Depp vom Dienst"-Klischee) ständig Fehler beim Basteln seiner Bomben und reitet seine Kollegen damit in die Scheisse.
Dass es sich hierbei um ein vollkommen ernstes und politisch heute immernoch sehr brisantes Thema handelt, dass auch entsprechend behandelt werden sollte, wurde hier gerne mal vergessen. Aber hey, ich bin der Steven, Hollywoods ewige Regie-Diva, ich darf alles, also erspart mir dieses Politische-Korrektheits-Gehabe, ihr Penner.
Später kommt dann noch die Frauen und Kinder-Bedrohungskulisse hinzu, um noch mehr Dramatik zu erzeugen. (Ich weiss, ich hatte diesen Punkt bereits in der "Herr der Ringe 2"-Kritik angesprochen, er ist jedoch hier fast identisch eingesetzt worden. Es handelt sich dabei nunmal um eine weit verbreitete Methode unter etablierten Hollywood-Regisseuren) Der Hauptdarsteller sieht plötzlich seine Frau, seine Tochter und sich selbst in Gefahr.
Jedoch passiert dem Hauptdarsteller und seiner Familie nichts.
Ich muss zugeben, dass ich nicht gerade ein großer Spielberg-Fan bin, jedoch muss ich ihn auch in einigen Punkten loben. Wenn es darum geht, den psyhischen Zerfall eines Charakters zu zeichnen, gelingt ihm das oft sehr gut. Gute Beispiele sind die Protagonisten aus "Duell" und eben aus "München". Die Entwicklung des Protagonisten in "München" bis zur vollkommenen Abstumpfung wird hier sehr eindrucksvoll dargestellt. Ausserdem fand ich die Gewaltszenen im Hotelzimmer der israelischen Sportler sehr gelungen, vielleicht gerade weil sie sehr realistisch und konsequent dargestellt wurden.
Schauspielrisch war der Film ebenfalls nicht schlecht besetzt, zumindest wesentlich besser als "Krieg der Welten" oder "Terminal". Ein Cruise oder Hanks hätte den Film wahrscheinlich vollkommen kaputt gemacht.
Insgesamt gesehen geht dieser Film jedoch viel zu wenig in die Tiefe und wirkt an vielen Stellen sehr lächerlich. Anstatt auch nur ansatzweise auf die ideologischen Interessenskonflikte einzugehen, werden hier lieber moralische Aspekte betrachtet. Dafür hätte man aber nicht ein solch brisantes Thema, wie die Geiselnahme von 1972 nehmen müssen. So kommt dieser Film bedauerlicherweise sehr trashig rüber, obwohl in dem Thema durchaus Potenzial gesteckt hätte.
Der Orchestersoundtrack ist ein solchen Filmen ja Programm und geht auch dementsprechend ziemlich auf die Nerven. Aber auch das ist in Filmen dieses Formates wohl zu erwarten.
Fazit: Etwas besser als Spielbergs vorhergehende Schinken, jedoch geht dieser Film vollkommen am Thema vorbei, ist von der Länge her vollkommen überzogen und wirkt an vielen Punkten schlicht lächerlich.
4/10