127 Hours

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Detlef P.
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127 Hours

Beitrag von Detlef P. »

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USA/UK, 2010
Regie: Danny Boyle
Darsteller: James Franco, Kate Mara, Amber Tamblyn

"Mit Filmen, die auf wahren Begebenheiten beruhen, ist das so eine Sache. Je schlagzeilenträchtiger das zugrunde liegende Ereignis war, desto mehr Leute wissen bereits vor dem Kauf der Kinokarte, wie das Ganze ausgeht. Im Fall des Extremsportlers Aron Ralston kommt erschwerend hinzu, dass die Geschichte um einen Protagonisten kreist, der die titelgebenden 127 Stunden allein in einem Canyon feststeckt. Unmöglich, daraus einen abendfüllenden und packenden Spielfilm zu machen? Nicht für Danny Boyle.

Bereits in der Eröffnungssequenz beweist der Oscar-Gewinner eindrucksvoll, warum er der große Formalist des zeitgenössischen Kinos ist. Eingebettet in eine stylishe Splitscreen-Montage von Symbol­bildern unserer Massengesellschaft ist zu sehen, wie Aron (James Franco) seine Trekkingsachen zu­sam­menpackt und mit dem Auto über verstopfte Highways fährt - bis ihm ein in Detailaufnahme prä­sen­tiertes "Exit"-Schild die Chance eröffnet, in Utahs Canyonregion dem urbanen Trubel zu ent­fliehen. Dieser bewusste Akt des Ausstiegs aus der Zivilisa­tion mag in Worten beschrieben plakativ klingen. Der visuellen Suggestionskraft der Pop-Art-Inszenierung kann man sich aber kaum entziehen. Zumal bereits hier deutlich wird, dass Boyles Film - wie schon zuvor sein Zombieschocker "28 Days La­ter" oder der Oscar-Hit "Slumdog Millionär" - nur oberflächlich ein bizarres Einzelschicksal abbildet. Im Kern hat "127 Hours" exemplarischen Charakter.

Das eigentliche Abenteuer des Films spielt sich in Arons Kopf ab, als er sich nach etwa 20 Minuten Laufzeit in eine Felsspalte gestürzt mit eingeklemmtem rechten Arm wiederfindet. Je verzweifelter er versucht, Auswege aus seiner misslichen Lage zu finden, desto mehr wächst sich seine Situation zu einer ernüchternden Seelenschau aus. Und bei der muss Aron in Form zunehmend halluzinatorischer Flashbacks erkennen, dass seine vom Hochmut des unschlagbaren Einzelkämpfers befeuerte Abkehr von Freunden und Familie irgendwann in einer Katastrophe enden musste.

Bis zur Erkenntnis, dass der Einzelne ohne die Gemeinschaft der anderen verloren ist, sorgt Boyle für abwechslungsreiche Spannung, indem er Arons Überlebenskampf in unterschiedlich inszenierte Emotionsphasen unterteilt. Auf konzentrierte Ruhe, in der sich Aron mit den wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln pfadfindermäßig in der Situation einrichtet, folgt Euphorie über eine vermeintliche Lösung. Als der von einer sensationellen, mit dem Bill-Withers-Song "Lovely Day" unterlegten Werbe­clip-Montage eingeläutete Befreiungsversuch misslingt, macht sich bei Aron schließlich Galgenhumor breit.

Dem grandios nuancenreichen Spiel von James Franco ist zu verdanken, dass selbst das etwas dick aufgetragene spirituelle Erwachen im finalen Fieberwahn völlig schlüssig erscheint. Genau wie Arons kaum vorstellbare Verzweiflungstat am Ende. Ohne in selbstzweckhafte Splatterbilder zu verfallen, macht Boyle die Amputationsszene mit einem stumpfen Messer durch akustische und visuelle Tricks regelrecht physisch spürbar. In amerikanischen Kinos hat das zu zahlreichen Ohnmachtsanfällen geführt. Perfekter kann ein Sinnbild für den unbeugsamen Überlebenswillen des Menschen kaum funktionieren." (www.cinema.de)

Zwei Dinge heben diesen Film ganz klar heraus. erstens die wirklich geniale One-Man-Show von James Franco, bei dem ich schon immer geahnt habe, dass so etwas in ihm schlummert.
Und zweitens die wirklich brilliante Inszenierung von Danny Boyle. Es ist eigentlich ein riesengroßer Witz, dass dieser Film eine Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch, jedoch nicht für die beste Regie bekommen hat.
Eigentlich sollte man meinen, dass bei einem Film in dem ein Typ in einer Spalte festsitzt nichts spektakuläres passiert. Durch absolut geile Tagträume, Flashbacks, Halluzinationen und geschickten technischen Spielereien ist der Film aber absolut kurzweilig geworden.
So guckt man sich so einen Film gerne an.
Zuletzt geändert von Detlef P. am Di 15. Mär 2011, 17:47, insgesamt 1-mal geändert.


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Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Damien3
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Beitrag von Damien3 »

Wow jetzt hast du ihn vorher gesehen...ich werd am Freiatg AUSFÜHRLICHST über True Grit berichten...ich FREUUUU mich!!!


"Ich habe sie den ganzen Abend von dahinten beobachtet...sie sind ein sehr attrativer Mann"
"Warum gehen sie nicht in die Ecke zurück und schauen weiter?"
Kevin Costner..coole Sau.
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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Das werde ich ab Montag auch können...


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